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Ob und wie es für das Icon weitergeht, ist für die Betreiber des Icon, Lars Döring und Pamela Schobeß, ungewiss. (hier 2006)

© David Heerde

Klubs in Prenzlauer Berg: Partymacher als Arbeitgeber

Die Klubszene im Prenzlauer Berg dünnt sich immer mehr aus. Was die Zukunft bringt, ist ungewiss. Immer wieder gibt es Ärger mit neuen Nachbarn, die über den Lärm klagen. Die Klubbetreiber selber wollen vom Bezirk als Wirtschaftskraft ernst genommen werden.

Als fast am Ende die Reizworte „Gentrifizierung“ und „Schwaben“ fallen und Klubbetreiber Axel Endler vom Steinhaus in diesem Zusammenhang die Provinzmentalität mancher Neubewohner von Prenzlauer Berg beklagt, kann einer der Gäste nicht mehr an sich halten: Das ständige Rumhacken auf den Schwaben sei „platt und dämlich“, sagt der Herr aus der hinteren Ecke des Raumes.

Gentrifizierung und Schwaben. Am Donnerstagabend sind das nur zwei von vielen Aspekten im Prenzlauer Berg Salon. Die Gesprächsrunde findet seit drei Jahren in den Räumen der Firma Rohnstock Biografien an der Schönhauser Allee statt. Firmeninhaberin Katrin Rohnstock, selbst langjährige Bewohnerin von Prenzlauer Berg, will mit ihren Treffen einen Raum für Kiezgeschichte und -geschichten schaffen; den Salon hat sie gemeinsam mit Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/Grüne) initiiert. Jedes Mal ist eine andere Berufsgruppe eingeladen, vor knapp 40 geladenen Gästen zu sprechen. In der Vergangenheit erzählten Pastoren und Bäcker aus ihrem Leben, zur zehnten Auflage sind nun die Clubbetreiber des Bezirks dran.

Auf dem Podium sitzen die Macher von Icon, Kesselhaus, Steinhaus und Knaack Club. Jeder erzählt von seinem Werdegang, vom Quereinstieg ins Nachtlebengeschäft. Es ist ein ruhiges Gespräch in weinseliger Atmosphäre. Bis zu dem Punkt, an dem die Clubbetreiber von ihren Sorgen und Existenzängsten sprechen. Von planlosen Behörden. Und von immer mehr Anzeigen wegen Lärmbelästigung.

Akut betroffen sind derzeit Pamela Schobeß und Lars Döring vom Icon. Dem Club an der Cantianstraße droht zum Jahresende das Aus, weil sich die Mieter eines Neubaus direkt neben dem Club über den Lärm der am Einlass wartenden Partygäste beschwert haben. Den Betreibern soll zum 1. Januar 2011 die Konzession entzogen werden, nach 14 Jahren. Nun kämpfen die Anhänger für den Erhalt des Icons: Zu einer Tagung der Bezirksverordnetenversammlung kamen vor kurzem knapp 100 Unterstützer. Das Ergebnis: Baustadtrat Michail Nelken (Linke) versprach, den Betrieb des Clubs „auf rechtlich sichere Füße zu stellen“.

Die Zukunft des traditionsreichen Knaack Clubs an der Greifswalder Straße ist hingegen ungewiss. Weil ein benachbarter – natürlich nicht nur von Schwaben bewohnter – Neubau nicht schallisoliert wurde, dürfen Konzerte nur noch bis 22 Uhr stattfinden. Außerdem musste die Lautstärke runtergedreht werden. Für Betreiber Matthias Harnoß bedeutet das einen Besuchereinbruch um 70 Prozent. Wie es nach 58 Jahren weitergehen soll? „Momentan steht alles in den Sternen“, sagt Harnoß. „Es gibt die Idee, im Mauerpark was Neues zu gestalten.“

Sören Birke vom Kesselhaus befindet sich dagegen in einer komfortablen Situation: Der Veranstaltungsort läuft erfolgreich, Ärger gibt es nicht. Für ihn sind die Clubs des Bezirks „Tafelsilber“, das es zu schützen gilt und dessen Wert die Politik noch nicht erkannt hat: „Die Szene stellt mehr Arbeitsplätze als Opel, und für die Rettung dieses Unternehmens hat sich die Kanzlerin eingesetzt.“ Birke glaubt, dass die Bedeutung der Clubszene erst erkannt wird, wenn erforscht ist, „wie die Wertschöpfung funktioniert“. Ein Gast aus dem Publikum glaubt an einen anderen Ansatz: „Wenn wir es anstreben, dass Krach gemacht werden darf, müssen wir den Krach auch akzeptieren.“ Eine Logik, auf die sich nach knapp drei Stunden alle einigen können.

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