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© Kitty Kleist-Heinrich

Kurt Krömer: Ein Clown macht Ernst

Kurt Krömer sammelt Geld für den Neuköllner Körnerkiez, seine Benefizgala heißt "Pimp my Ghetto". Ein Spaziergang mit dem Quartierspaten.

Kutte ist da und keinen kümmert’s. Na so was. Ausgerechnet in seinem Heimatbezirk kann man mit Deutschlands berühmtestem Neuköllner, dem Komiker Kurt Krömer, am helllichten Tage stundenlang auf der Straße herumlatschen, ohne dass ein Mensch herguckt. „Dit is ja det Schöne“, findet Krömer und marschiert stramm die Karl-Marx-Straße runter Richtung Körnerkiez. Zur Brille trägt er modisch passend eine verbeulte Ledertasche. Was drin ist? „Mein Kalender und ’n Kameruner.“ Und die Brille, ist die echt? „Früher nich’, inzwischen schon – da hat mich mein eigener Scherz eingeholt.“

Als eine Art Mutter Teresa vom Hermannplatz trommelt Krömer derzeit rastlos für die Benefizgala „Pimp my Ghetto“, die er am 18. Oktober im Admiralspalast schmeißt. Das Geld, dass dabei rumkommt, fließt in den Körnerkiez. Der liegt zwischen Karl-Marx- und Hermannstraße und beherbergt über 10 000 vom Schicksal oft nicht eben verwöhnte Neuköllner aller Nationalitäten. Seit 2005 ist Krömer Schirmherr des Nachbarschaftsheims Neukölln am Körnerpark und bemüht sich nach Kräften, die Sanierung des maroden Baus zu unterstützen.

Dass sein Engagement als Kiezpate mehr ist als wohlfeile Promi-Charity, ist nicht zu übersehen. Krömer, der eigentlich Alexander Bojcan heißt und nächsten Monat 35 wird, erwähnt nur kurz, dass Promis wie Sido, Bernhard Brink, Icke & Er, Alexander Marcus oder Edith Schröder bei seiner Gala mitmachen, aber erzählt lang, breit, ernst und respektvoll von den sozialen Projekten im Körnerkiez, die Spendengeld brauchen. Die Leute da bekämen jeden Tag einen Tritt in den Arsch und stünden doch am nächsten wieder auf und arbeiteten weiter. „Ick dagegen setz’ nur meine große Fresse ein.“

Zwei dieser Helden sind Astrid Tag und ihre Praktikantin im Quartiersbüro in der Emser Straße. Die beiden zucken kaum, als Fernsehclown Krömer mal eben so vorbeischneit und höflich nach Infobroschüren fragt. Das passiert derzeit häufiger.

Familiäre Stimmung herrscht auch beim anschließenden Überraschungsbesuch im Nachbarschaftsheim in der Schierker Straße. Der Seniorentanz ist schon vorbei, aber die 20 Stadtteilmütter, die gerade über gesunde Ernährung diskutieren, nicken Krömer freundlich zu. Den Lesezirkel für Kinder, die Medienwerkstatt und vier weitere Projekte will Krömer sponsern. Und Quartiersmanager Ulli Lautenschläger, der den sich dabei sichtlich windenden Kiezpaten für sein echtes Interesse lobt, wird ebenfalls Bühnengast sein im Admiralspalast. Veralbert werde er aber nicht, gelobt Anarcho-Gastgeber Krömer: „Sonst könnte ick ja och kleene Kinder haun und sagen, ick bin stärker.“

Die Chance, richtig Kohle für seinen Kiez ranzuschaffen, hat Kurt Krömer im Januar schon mal vergeigt. Da war er zusammen mit Nina Hagen bei Jörg Pilawas „Starquiz“ eingeladen und brachte statt der erhofften 75 000 Euro nur 5000 heim nach Neukölln. Bei der Frage nach der Fee, die in Italien den Kindern in einer Januarnacht Geschenke bringt, habe er einen Blackout gehabt, erzählt Krömer: „Der saß neben mir und hatte schwarze Haare.“ Nun soll’s die lustige Gala samt Tombola und dem von Kutte und Bernhard Brink gesungenen Duett „Ich wär’ so gern wie du“ richten, für die auch Krömers Mutti und Schirmherr Klaus Wowereit Karten kaufen müssen. Umsonst reinkommen ist nicht.

Komisch, dass sich Wolfgang Joop hier noch nicht eingekauft hat, wundert sich Kurt Krömer und blickt beifällig auf den blitzblanken Rasen im Körnerpark, gleich gegenüber vom Nachbarschaftsheim. Immer häufiger kämen Neuköllner auf ihn zu und schimpften, dass im Bezirk jetzt auch Latte Macchiato ausgeschenkt wird, grinst Krömer. Er dagegen findet Nordneuköllns Entwicklung zum Szenebezirk „geil, solange kein Escada aufmacht“.

Wo er selbst gerade wohnt, umschreibt er mit „in Berlin“ allerdings auffällig vage. Und dass, obwohl er auf dem besten Wege ist, vom Berufsneuköllner ohne dortigen Wohnsitz zum Neuköllner der Herzen zu werden. Was er davon hat? „Na, irgendwann das Bundesverdienstkreuz aus Neukölln.“

Im Café Rix in der Karl-Marx-Straße bestellt Krömer sich dann sein persönliches Herrengedeck: Kaffee und Cola. Ein tätowierter Typ tritt an den Tisch und fragt, ob er ein Foto machen darf. Na klar, sagt Krömer und steht sofort auf. Kümmern sich ja doch um ihren Kiezpaten, die Neuköllner. Und er sich um sie.

Admiralspalast, 18.10., 20 Uhr, Kartententel. 4799 7499, www.admiralspalast.de 

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