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© dpa

Letzter DDR-Ministerpräsident: Lothar de Maizière feierte seinen 70. Geburtstag

An diesem Dienstag "blitzte Geschichte auf": Lothar de Maizière, letzter Ministerpräsident der DDR feierte Geburtstag – mit Bratschen und vielen Politpromis.

Berlin - Ein Arrangement, das die Melodie von „Summertime“ mit Happy Birthday verbindet und zum Choral „Nun danket alle Gott“ hinführt – wann bekommt man so etwas zu hören? Überdies interpretiert von gleich zwölf Bratschen, dazu einer strahlenden Trompete? Wenn ein Mann mit einem Leben wie Lothar de Maizière 70 Jahre alt wird: in einem ersten Leben Orchestermusiker – nämlich Bratscher -, dann Rechtsanwalt in der DDR und Vizepräsident der Synode der evangelischen Kirche, dann der Ministerpräsident, der die DDR in das wiedervereinigte Deutschland führte und nun, seit bald zwei Jahrzehnten wieder Anwalt, aktiv in vielen Ehrenämtern. Aber der Empfang, den seine Anwaltskollegen vom Büro Kärgel und Partner gestern ausrichteten, war für das vornehme Palace Hotel ohnedies ein ungewöhnliches Ereignis.

Denn zur Hälfte war es ein Konzert. Und was für eins! Alles Bratsche, als Solo, Trio, Quartett, Oktett, von Bach bis Gershwin, ein „Großangriff“, wie der Jubilar witzelte, auf die unter Musikern üblichen Bratscher-Witze, mit den vereinten Kräften der Orchester von Rundfunk und Konzerthaus vorgetragen, einfallsreich konzipiert und moderiert von Johannes Schönherr. Mit der raffinierten Legierung der Hymnen von DDR und Bundesrepublik, also von Hanns Eisler und Joseph Haydn, waren dann die vierhundert Gäste beim Politiker de Maizière angelangt. Denn zu Beginn der Einigungsverhandlungen im Jahr 1990 hatte er zu bedenken gegeben, ob so die Nationalhymne des wiedervereinigten Deutschlands aussehen könne.

Überhaupt: An diesem Dienstag „blitzte Geschichte auf“. Niemand Geringeres konstatierte es als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die direkt von der Cebit in Hannover gekommen war. Damals stellvertretende Pressesprecherin de Maizières, würdigte sie ihn nun in einer betont persönlich gehaltenen Ansprache als „Anwalt der Einheit“. Und rief seine historische Formel ins Gedächtnis, dass die Teilung nur durch Teilen überwunden werden könne. Dazu gehöre das „emotionale Teilen“, das vielleicht, trotz des Gelingens der Vereinigung, noch nicht wirklich abgeschlossen sei.

Gefeiert wurde de Maizière aber auch als Vizepräsident des „Petersburger Dialogs“, des deutsch-russischen Begegnungsforums, dessen deutsches Lenkungszentrum er seit einigen Jahren leitet. Ein leibhaftiger russischer Vizepremier, Wiktor A. Subkow, war dazu eigens nach Berlin gekommen und überbrachte einen von Staatspräsident Medwedew verliehenen Freundschaftsorden. Und um auch hier dem Musiker de Maizière zu seinem Recht zu verhelfen, machte ihn die Moskauer Gnesin-Musik-Akademie zu ihrem Ehrenprofessor.

De Maizière dankte gerührt auf seine sehr berlinische Weise: Mit der bescheidenen Frage, ob es denn nicht ein „bisschen kleener“ gehe, und dem Bekenntnis, wie fremd ihm vor zwanzig Jahren der Gedanke gewesen sei, einen russischen Orden zu bekommen. Neben der Familie eine illustre Gästeschar – Politiker, Diplomaten, Kollegen, Mitstreiter aus der letzten Volkskammer und seinem Kabinett. Nur Wolfgang Schäuble, der die Festrede hatte halten sollen, fehlte krankheitshalber. Es spricht für de Maizières Auffassung von politischer Fairness, dass man auch Hans Modrow, den früheren DDR-Ministerpräsidenten, sah. Rdh.

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