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Männer-Erotik: Zeit zum Hanteln

Die Männer-Erotik-Combo „Chippendales“ absolviert ein PR-Training im Fitness-Studio. Frauen kichern und Männer stänkern – immer das Gleiche, seit mehr als 30 Jahren.

Es ist ja nicht so, als wären kaugummikauende Männer in Jogginghosen und Unterhemden am Neuköllner Hermannplatz eine Seltenheit. Zu etwas Besonderem werden sie nur dann, wenn sie zusätzlich den Bizepsumfang eines durchschnittlichen Männerbeins aufweisen können, nahtlos gebräunt sind, sehr amerikanisches Englisch sprechen, jeder Frau tief in die Augen gucken und Mitglieder der Chippendales sind, dem erotischen Männer-Show-Act, der seit über 30 Jahren Junggesellinnenabschiede zum Event und brave Hausfrauen zu wilden Amazonen werden lässt.

Kevin, Staceyy, Lind und Robby – repräsentative Auswahl der insgesamt weltweit 70 Chippendales – werben für ihre bereits ausverkaufte Berliner Show im November und vor allem für ihr fast zwei Wochen langes Gastspiel „The ultimate girls night out“, das im Januar 2010 im Huxleys zu sehen sein wird. Die Promotion funktioniert so, dass die vier Chippendales einfach das tun, was sie am besten können: Muskeln spielen lassen, schwitzen und zeigen, was sie haben. Als sie zum Gasttraining in den Workout-Bereich des gehobenen Fitness-Studios einlaufen, mit Handtüchern über den breiten Schultern und isotonischen Getränken in den Pranken, wirken sie wie in Zeitlupe. Unwillkürlich denkt man an den Cola-Light-Werbespot, in dem ein sehr muskulöser Mann einen Colakasten auf der Schulter durch ein Großraumbüro trägt und alle Sekretärinnen ausrasten. Erstaunlich wendig bahnen sich die Chippendales ihren Weg durch den Dschungel der Cardiogeräte, sie hauchen hier ein „Hi“ und dort ein „How are you?!“, um schließlich dort anzukommen, wo sie hingehören: in den Kraftbereich. Schlaffe, bleiche Männer weichen von den Geräten und trollen sich, dicke Frauen setzen am Butterfly-Brusttrainer hilfsbedürftige Mienen auf.

Kevin, Staceyy, Lind und Robby sind Profis. Mit schmerz- und anstrengungsverzerrten Gesichtern ziehen sie gewollt beiläufig, in Wirklichkeit aber effektheischerisch, Gewichte an Seilen hoch oder heben die Hanteln, die andere Männer mit zwei Händen greifen müssen, mit nur einer in die Luft. Sobald sich eine Kamera nähert, setzen sie ein wie in Stein gemeißeltes Lächeln auf, das auch nach über zehn Minuten permanenten Fotoschießens nur ganz leicht in den Mundwinkeln zu zittern beginnt.

Die Perfektion ist das Geheimnis der Chippendales, die ihre Auftritte selber gern als „anspruchsvolle, erotische Unterhaltungsshow“ bezeichnen, wobei der Anspruch allein darin zu bestehen scheint, dass die Männer vor dem Ausziehen gerne Kragen und Manschetten tragen und sie sich nicht einfach so ausziehen, sondern im Zuge einer gemeinsamen, mitunter komplizierten Choreografie. Denn bei der Auswahl der Mitglieder wird darauf geachtet, dass für jeden Frauengeschmack etwas dabei ist. Der langhaarige Macho, der blonde Bubi, der dunkelhäutige Beau, der derbe Footballspieler. Jede Fantasie soll ihren Resonanzboden finden. Die Chippendales wissen das. Und wenn Kevin seine Hanteln stemmt, sagt er, man dürfe als Chippendale kein Egomane sein, sondern Teil eines Gesamtkonzepts, eines sehr netten Konzepts. Ein anbetungswürdiger, unerreichbarer Typ, der jeder Frau trotzdem das Gefühl gibt, sie könne es bei ihm schaffen und sei etwas ganz Besonderes, das ist ein echter Chippendale. Bei den Jungs gibt es keine Arroganz, kein Genervtsein von johlenden BH-werfenden Frauen. Kevin findet alle Fans „great“. Und besonders die aus Germany, versteht sich.

Zwei Frauen in fliederfarbenen und schwarzen Leggings drücken sich am Stepper herum, der gleich neben Kevins Hantelbank steht. Auf Kevins Armen zeichnen sich dicke Adern ab, er wischt sich mit dem Handtuch über den dampfenden Stiernacken. Die zwei Frauen gucken. „Hi“, sagt Kevin, und „kommen Sie zu unserer Show? Sie werden es nicht bereuen!“ „Vielleicht“, murmeln die Frauen verlegen und gehen kichernd weg.

Der Auftritt am 18. November in der Arena Treptow ist ausverkauft, „The ultimate girls night out“ läuft vom 30. Dezember bis 10. Januar in Huxleys Neue Welt, Tickets: www.berlin-tickets.de.

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