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© Steinert

Met in Berlin: Die Franzosen sagen Adieu

Zum letzten Mal kann man heute den schönsten Franzosen aus New York aufwarten. Um 22 Uhr schließt in der Neuen Nationalgalerie die Sonderausstellung französischer Meisterwerke des 19. Jahrhunderts aus dem Metropolitan Museum of Art in New York.

Seit 1. Juni konnte man sie an der Potsdamer Straße besuchen – kurz vor Torschluss fast rund um die Uhr. Die vergangene Nacht war die zweite sogenannte „nuit blanche“ – zur jüngst ersten durchgehenden nächtlichen Öffnung hatten 20 000 Kunstinteressierte die Franzosen gestürmt. Insgesamt waren es bisher über 650 000 Besucher; auf das Ergebnis der Nacht zum heutigen Sonntag war die Projektleiterin Katharina von Chlebowski schon sehr gespannt. Gestern musste man bis zu zwei Stunden warten; heute wird es nicht anders sein.

Zeit zum Abschiednehmen von ihren Lieblingen wie Cézannes „Stilleben mit Gefäß, Tasse und Äpfeln“ oder Monets wunderbarem „Garten in Sainte- Adresse“ hatte die Generalbevollmächtigte des Vereins der Freunde der Nationalgalerie gestern genauso wenig wie das gesamte Ausstellungspersonal. Rund 260 Personen sorgten bis heute und zuletzt in Tag- und Nachtschichten dafür, dass sich der Besuch der schönsten Franzosen zum gelungenen Erlebnis gestaltet.

"Ab und an wurde man schon mal beleidigt“

Am Kassenhäuschen wies gestern Mittag Alexandra Dieke vom Info-Team einem Mann mit Schwerbeschädigtenausweis freundlich den Weg zum schnelleren Eingang. "Die meisten Besucher waren nett“, ist nach vier Monaten die Erfahrung der 28-Jährigen, die Lehrerin für Kunstgeschichte und Darstellendes Spiel werden möchte. Der Job in der Ausstellung machte ihr Spaß, und natürlich hatte sie auch ein Lieblingsbild – van Goghs "Schwertlilien“ –, "obwohl ich keine Blumenbilder mag“.

"Ab und an wurde man schon mal beleidigt“, erinnert sich der amtierende Aufsichtschef Erkin Ejder auch an den einen oder anderen ungeduldigen Ausstellungsbesucher, der als VIP-Kartenbesitzer dachte, er sei allein auf der Welt. Der 30-jährige Berliner hat sich die schönsten Franzosen schon vor ihrer Eröffnung angesehen – "danach war nie wieder Zeit dazu“. Gestern hatte er bis 19 Uhr Dienst, heute ab 7 Uhr morgens. Dass um 22 Uhr Schluss mit den Meisterwerken des 19. Jahrhunderts ist, bedauert er ein wenig. Nicht nur, weil er diese Kunst lieber sieht als moderne – nach dem Trubel der Ausstellung werde es erst mal ein Loch geben, "mir wird was fehlen.“

"Wir sprechen über Kunst“

Ob Gauguin wirklich in der Südsee war, will eine grauhaarige Dame von Karoline Kuhla wissen. "Wir sprechen über Kunst“ steht auf dem T-Shirt, das die Kunststudentin als eine der Livespeaker ausweist. Von einem Gerücht, Gauguin sei nicht in der Südsee gewesen, hat die 21-Jährige noch nie gehört. Von Rousseau wisse man aber, dass er in Wahrheit nie im Dschungel war. Was eine Karyatide ist, gehört zu den Fragen, die sie in den vergangenen Monaten am häufigsten beantworten musste – auch diesmal gibt sie freundlich Bescheid, dass das ursprünglich Frauenfiguren waren, die die Funktion einer Säule übernahmen. "Und ein Dach tragen wie auf der Akropolis“, ergänzt ein Besucher die Expertin. Heute muss sie sich von „ihrem“ Kunstwerk verabschieden – „die ,Hand Gottes‘ von Rodin würde ich gern mitnehmen.“

Mitnehmen kann man auch heute noch den Ausstellungskatalog, den Sabrina Dahlemann gestern im Museums-Shop pausenlos verkaufte, heute ab 5 Uhr morgens schon wieder. Ihr Favorit war Bastien-Lepages Bild der Johanna von Orléans – "sie hat so einen treuen Blick“.

Heidemarie Mazuhn

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