zum Hauptinhalt
thomas d

© Mike Wolff

Musik: Thomas D. - Rapper im Rausch

In Kreuzberger Hinterhöfen kann man Überraschendes finden, zum Beispiel die Künstleragentur der Fantastischen Vier. Fast alle Videos der Rapper werden hier gedreht, auch der neue Clip von Thomas D. Darin hüpft der Schwabe am Roten Rathaus herum.

Im Konferenzraum im fünften Stock wurde die Decke durch Glas ersetzt, der Blick fällt auf weiße Wolken und blauen Himmel, direkt über dem Bergmannkiez. Fanta-Rapper Thomas D, 39, wälzt sich genüsslich auf seinem Stuhl. Auch für ihn sind die Aussichten gut. Im September erscheint sein drittes Soloalbum „Kennzeichen D“. Jetzt ist er nach Berlin gekommen, um dafür Reklame zu machen.

Es ist ein Heimspiel, denn Thomas D – der bürgerlich Thomas Dürr heißt – lebt zwar in einer vegetarischen Landkommune in der Eifel, ist aber mindestens zwei Mal im Monat in Berlin. Hier sitzt die Produktionsgesellschaft, fast alle Videos der Fantastischen Vier werden hier gedreht. Gerade ist er für den Clip zu „Get On Board“, die Singleauskopplung des neuen Albums, zwei Tage lang mit knielangem Bart vor dem Roten Rathaus umhergehüpft. Mit dem Fernsehturm im Hintergrund war der Platz abstrakt genug, um als Kulisse für die abgedrehte Geschichte eines Piloten zu dienen, der seine Maschine vor dem Absturz bewahren will. Thomas D könnte Moses oder Noah sein und das Flugzeug die Arche.

Viele seiner Lieder enthalten inzwischen jene zweite Bedeutungsebene, die in den Frühzeiten häufig noch vor dem reinen Spaß zurückstecken musste – damals, vor 20 Jahren, als er mit seinem Kumpel Smudo in die USA gefahren war, um mal auszusteigen und ein halbes Jahr im Auto zu leben. Im Radio lernten die beiden die Kultur kennen, die den Rap umgab, und ihnen wurde klar: „Mensch, wir rappen zu Hause auf Englisch, das ist ja Quatsch, das ist nie authentisch, du kannst nie wirklich sagen, was du fühlst.“ Kaum zurückgekehrt, änderten sie ihren Bandnamen von „Terminal Team“ in „Die Fantastischen Vier“ und wurden die ersten deutschsprachigen Hip-Hopper, die kommerziell Erfolg hatten.

Die Zusammenarbeit beim jüngsten Fanta-Album „Fornika“ lief so gut, dass Thomas D den Fluss ausnutzen wollte, um gleich sein drittes Album hinterherzuschieben. Es ist ein wahrer Arbeitsrausch daraus geworden: „Kennzeichen D“ enthält 18 Lieder. „Irgendwann dachte ich mir: Wow, halt mal, die brauchen ja alle noch Text, und der wird beim Sprechgesang ja gern etwas länger.“ Gereifter und trotzdem verspielt sei das Album geworden, mit einem Bogen von leichten zu ernsteren Stücken.

Überhaupt packt Thomas D viel Philosophisches in seine Arbeit, so spielt er mit dem scheinbaren Widerspruch, dass Laotse sagt, die Wahrheit komme mit wenigen Worten aus – auf einem Album, auf dem 18 Nummern lang nur geredet wird. Es ist die Stille hinter den Sätzen, um die es ihm geht. Im letzten Stück „Vergebung hier ist sie“ tritt sogar Christus auf („Hör diese Worte in deinen Ohren/für dich gestorben, für dich geboren“), um dem Menschen zu sagen, dass Gottes Vergebung wertlos ist, wenn er sich nicht selbst vergibt, selbst Verantwortung trägt.

Die Band ist für ihn wie eine Familie. Im nächsten Jahr, wenn sie 20 Jahre alt wird, soll es eine neue Platte und Jubiläumskonzerte geben und im Folgejahr eine Tournee. „Das ist für die Fantas schon ganz schön viel Planung“, sagt Thomas D. Der Flieger zurück in die Eifel wartet schon.

„Kennzeichen D“ und „Get On Board“ erscheinen am 12. September.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false