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Street Art Berlin

© Sven Zimmermann

Neue Berlin-Literatur: Sauber ist langweilig

Foto-Chronist Sven Zimmermann führt erneut durch die "Street Art Berlin". In seinem zweiten Band tummeln sich Graffiti, die nachdenklich machen, bisweilen politisch sind - aber auch mancher frecher Spruch.

Das wohl aussagekräftigste Bild dieses Bandes ist zugleich das unspektakulärste: Es zeigt eine x-beliebige Häuserwand, auf die mit blauer Farbe bloß drei Wörter gesprüht wurden: „Clean is boring.“ Sauber ist langweilig.

Das darf man als Statement verstehen – des anonymen Schmierers wie auch des Foto-Chronisten Sven Zimmermann, der die Wand irgendwo in der Stadt entdeckt, abgelichtet und an den Anfang seines Bildbandes „Berlin Street Art 2“ gestellt hat. Natürlich: Straßenkunst ist in den meisten Fällen illegal und für Hausbesitzer ein Ärgernis – egal ob sie als Graffito gesprüht oder aufgeklebt wurde. Doch ebenso wenig lässt sich bestreiten, dass viele der Illustrationen gewitzt, überraschend oder einfach schön anzuschauen sind. Und dass sie das Leben in der Großstadt bereichern können. Aus einigen Teilen Berlins ist die Kunstform nicht mehr wegzudenken, die „New York Times“ adelte sie dieses Jahr sogar zur „integral component of Berliner Straßenkultur“. Seitdem hoffen Marketing-Strategen, dass die kreativen Verzierungen ein weiterer Anreisegrund für junge Touristen sein könnten – zumal an der Spree nicht nur heimische, sondern auch international angesehene Fassadenkünstler aktiv sind, ja Berlin sogar als Zentrum der europäischen Street Art gilt.

Bush im Kreuzrittergewand und Darth-Vader-Kostüm

Zimmermann hat nun, zum zweiten Mal in drei Jahren, eine Auswahl gelungener Graffiti der Stadt vorgelegt. Wer in dem Band blättert, staunt über eigenwillig gezeichnete Comicfiguren, bunte Mensch-Tier-Chimären, Collagen aus Reißpapier, einen haushoch aufgesprühten Astronauten und manchen frechen Spruch. Bisweilen wird es politisch oder zumindest nachdenklich, etwa wenn ein aufgeklebtes Schwein unter der Sprechblase „Ich bin auch Deutschland“ steht oder der an die Backsteinfassade gesprühte George W. Bush überlegt, ob er sich lieber ein Kreuzrittergewand oder das Darth-Vader-Kostüm umhängen soll.

„Berlin Street Art 2“ hat leider einen großen Nachteil: Nirgendwo steht, welcher Künstler für das jeweilige Werk verantwortlich ist. Man erfährt nicht einmal, in welcher Ecke der Stadt es hängt. Andere Bildbände wie Kai Jakobs „Street Art in Berlin“ (Jaron Verlag) sind da informativer. Auch die Auflistung einiger Internetadressen von Straßenkünstlern auf der letzten Seite hilft nicht weiter. So bleibt dem Leser nur eins: Er muss sich die Bilder gut einprägen und beim Spazierengehen die Augen offen halten. Vielleicht erkennt er das eine oder andere Motiv wieder

Sven Zimmermann: Berlin Street Art 2. Prestel Verlag, München/Berlin. 96 Seiten mit 150 Farbfotos, 14,95 Euro.

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