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© Mike Wolff

Neues Kino: Champagner zum Vorfilm

Der Filmpalast wird zur Luxus-Kinolounge. Der frühere Chef des Cinemaxx-Konzerns probiert am Kurfürstendamm ein neues Kinokonzept aus. Beine hochlegen gehört auch dazu.

Zum Beinehochlegen fühlte er sich noch zu jung. Also beschloss Kinobetreiber Hans-Joachim Flebbe, nachdem er im September seinen Job als Vorstand der Cinemaxx-AG verloren hatte, noch mal ganz neu anzufangen. Nun legt er dennoch die Beine hoch, sieht darin aber keine Vorbereitung auf den Ruhestand, sondern seine neue Geschäftsidee. Flebbe hat die Filmlounge erfunden, ein Kino der Extraklasse, mit Ledersesseln, Beistelltischen inklusive Sektkühlerhalter und – ganz wichtig – Lederwürfeln zum Beinehochlegen. So stellt sich der 57-Jährige das Kino der neuen Generation vor.

Zu so einem Kino hat er den Filmpalast Berlin am Kurfürstendamm umgebaut, dieses bei Cineasten und Denkmalschützern so geschätzte Kino, das 1948 als KiKi öffnete, später Ufa-Pavillon hieß und jetzt wieder seinen Namen einbüßt. Flebbe nennt das Haus mit seiner einzigartigen Saaldecke nun Astor Filmlounge und begründet den Wechsel mit einem Taxifahrer-Test: „Wenn ich sage, ich möchte zum Filmpalast guckten mich alle Fahrer fragend an. Aber das Astor, das sagt bis heute allen etwas.“

Das alte Astor an der Ecke Fasanenstraße hat Flebbe – damals noch als Chef der Cinemaxx AG – vor einigen Jahren geschlossen, weil er vor den Mieten einknickte, die namhafte Oberbekleidungshersteller zahlen. Viele Kudamm-Kinos sind deshalb inzwischen Geschichte: das Marmorhaus, das Gloria, die Filmbühne Wien … Der Filmpalast, pardon, das neue Astor, hat überlebt, weil das Kino nur über einen schmalen Gang mit dem Boulevard verbunden ist. Dafür interessierte sich keine Ladenkette im Textilbusiness.

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Farbspiel. Die einzigartige Saaldecke des alten Filmpalasts ist geblieben, die Scheinwerfer sind neu. Sie tauchen die neue Astor Filmlounge in das passende Licht zum Film. -

© Jan Bitter/promo

Ein Glück für Hans-Joachim Flebbe, der nun zum dritten Mal angetreten ist, das Kino zu retten. In den 70ern übernahm er in Hannover die Häuser am Raschplatz und machte daraus florierende Programmkinos. Ende der 80er gründete er mit Geschäftspartnern die Firma Cinemaxx, um in Deutschland Multiplexkinos zu etablieren, als Gegenentwurf zu den immer kleiner werdenden Schachtelkinos, die viele Jahre in die großen Lichtspielpaläste von einst eingebaut worden waren. „Die Multiplexe haben das Kino gerettet“, ist Flebbe noch heute sicher. Nachdem ihn aber die Aktiengesellschaft, die er selbst gründete, als Chef nicht mehr wollte, nimmt Flebbe nun den dritten Anlauf. Die Astor Filmlounge öffnet am 23. Dezember.

Und diese Eröffnung macht ihn genauso nervös wie damals vor knapp 20 Jahren, als er in seinem ersten gerade fertiggestellten Multiplex in Hannover saß: „Einen Tag vor der Eröffnung dachte ich, entweder du musst bald in ein Land fliehen, das nicht an Deutschland ausliefert, oder das wird ein großer Erfolg.“ Flebbe musste nicht flüchten. Seine Multiplexe rollten den deutschen Kinomarkt auf und lösten einen beispiellosen Bauboom aus. Das Kino am Potsdamer Platz, gerade zehn Jahre alt geworden, zählt mit über einer Million Besucher noch heute zu den bestbesuchten Kinos Deutschlands.

Flebbes Manschetten, ob sein dritter Anlauf auch so erfolgreich sein wird, ist begründet. Denn die Astor-Filmlounge wird ein Kino der Luxuskategorie. Ein Doorman hält die Türen auf, Valet-Par king gibt es auch, Garderobe ist selbstverständlich und im Kino wird am Platz serviert – zumindest während des Vorprogramms. Das soll im Astor nur fünf Minuten Werbung zeigen und ansonsten Trailer und – wie zu früheren Zeiten – wieder Kurzfilme enthalten. Am Wochenende können auch mal Stand-up-Comedians auftreten. Statt Popcorn und Tacos werden zum Beispiel gebeizte Zanderrosen mit Dillsenf-Pollen und Schweinemedaillons unter Wacholderkruste mit Rotweinbirne serviert. Diese Häppchen kann man dann mit Champagner herunterspülen, dessen Flaschenpreise 590 Euro erreichen. Auch ohne Verzehrzwang hat die Astor Filmlounge ihren Preis: zwischen zehn und 15 Euro werden die Karten pro Vorstellung kosten.

Dafür verfügt das Kino, das einst 660 Zuschauer fasste und nun 250 bequeme Sessel bietet, über alle möglichen Projektionstechniken, analog und digital, sogar dreidimensionale Filme können hier gezeigt werden. Mit 800 000 Euro Umbaukosten liegen die Investitionen deutlich über dem Durchschnitt und Flebbe braucht einen langen Atem, um dieses Geld wieder einzuspielen. Aber er wäre nicht Flebbe, wenn er nicht in Optimismus machte. Weitere Kinos nach dem Berliner Vorbild sind geplant – in Städten mit deutlich besserer Einkommenssituation: München, Hamburg, Hannover …

Astor-Filmlounge, Kurfürstendamm 225, Charlottenburg, Tel. 883 85 51

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