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PARTY Gänger: Ballhaus Berlin

Flirten ist schön, aber anstrengend. Weil man nichts verpassen darf.

Flirten ist schön, aber anstrengend. Weil man nichts verpassen darf. Und im Ballhaus kommen noch die Tischtelefone dazu.

Bei diesem Wort denken viele immer noch zuerst an Clärchens Ballhaus, dabei ist das Ballhaus Berlin mindestens genauso nett. Es liegt an der Chausseestraße, kurz vor der Invalidenstraße, die Leuchtschrift über dem Tor ist nicht zu übersehen. Innen die Wände sind rot mit weißen Stuckresten, davor schimmern Leuchten, hinter der Bar hängt ein goldgerahmter Spiegel, gleich rechts führt eine Wendeltreppe auf die Empore. Auf den Tischen liegen weiße Tischtücher, über den schwarzen Telefonen leuchtet eine rote Kugel mit Nummer.

Unter der 22 sitzt heute rauchend ein zartes Mädchen in weiten Hosen, eine Nummer weiter ein Junge in engen Jeans. Ab und zu blicken beide aufs Telefon. Schließlich steht sie auf, geht an die Bar.

Früher sei es einfacher gewesen, sagt der Herr vom Ballhaus. Da spielten nur Livebands, zwischen den Songs konnte man telefonieren. Heute bei der Dauerbeschallung verstehe man kein Wort mehr am Telefon. Tja, so sei die Zeit, auch das Flirten sei anders heutzutage, offensiver.

An diesem Abend wird viel geflirtet. Es ist kurz nach Mitternacht, schon ziemlich voll für Berliner Verhältnisse, wo doch jede Party erst um eins richtig anfängt. Tische und Bar sind besetzt, nur auf der Tanzfläche swingt erst ein Paar, noch ziemlich verhalten. Dafür ist man nebenan schon mittendrin. An einem Stehtisch warten drei Frauen in langen weißen, in der Taille geschnürten Blusen auf drei Typen in kurzen Lederjacken. Küsschen links und rechts, und sogleich haben sie sich schon in den Haaren. Er zupft ihr die Pony-Strähnen aus dem Gesicht: Na, neue Frisur? Sie streicht ihm den Haaransatz im Nacken gegen den Strich: Und du viel kürzer oder? Dann kommt schon der nächste. Oder ein paar Meter weiter, das Paar an der Bar. Der Mann im rosa Oberhemd erzählt kleine Geschichten mit großer Geste, wie er damals, das war schon heftig und so weiter. Die Frau an seiner Seite ist schon längst mit dem Blick woanders – bei dem Dunkelhaarigen in weißen Hosen und Turnschuhen, der tanzbereit auf den Hacken wippt. Jetzt muss sie nur noch den Absprung finden. Sie wird es tun.

Wie auch die beiden Freunde am Telefon. Endlich hat hier mal jemand gewählt, natürlich nur so zum Spaß. Während der eine den Hörer ans Ohr drückt, geht sein Blick hinauf zur Empore. Sein Kumpel tänzelt hinter ihm herum und will mithören, aber da hat der erste auch schon aufgelegt und strebt zur Wendeltreppe. Adieu. Am Ende muss halt jeder selbst sehen, wo er bleibt.Johanna Lühr

Ballhaus Berlin, Chausseestraße 102 in Mitte, Freitag und Sonnabend ab 21 Uhr, Programm unter www.ballhaus-berlin.de

Johanna Lühr

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