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PARTY Gänger: Felix

Die besten Abende sind die, von denen man eigentlich nichts erwartet. Oder etwas anderes.

Die besten Abende sind die, von denen man eigentlich nichts erwartet. Oder etwas anderes. So wie im „Felix“ neulich.

Das Felix ist ein Club hinten im Hotel Adlon. Und so ist auch sein Ruf: schick, teuer, kommt man nur gestylt rein. Das stimmt. Dicke Kordeln am Eingang, dunkles Holz an der Bar, Clubsessel aus schwarzem Leder und Sitzecken in Creme. Von der Galerie oben schaut man auf die Tanzfläche hinab. Die Säulen leuchten mal rot, mal grün. Auf den ersten Blick ist klar: Das hier ist Disko! Die Frauen tragen höhere Absätze, tiefere Dekolletés und engere Röcke als in jedem Mitteladen. Offensiv sexy sehen sie aus und nicht gekonnt nachlässig wie im Cookies eine Ecke weiter.

Die meisten der Damen sitzen noch. Auf den runden Tischen stehen Cocktails. Es ist Dienstag, der Abend, an dem hier eine Cover-Band spielt. Gemein gesagt: Kreuzfahrtschiff-Unterhaltung. Aber es kommt anders. „Me and the Heat“ hat es noch ein wenig schwer, die Masse in Bewegung zu versetzten. Doch der Bandmann will mehr. Bei „Flying high“ von Lenny Kravitz verlässt er die ebenerdige Bühne und geht hinein ins Publikum: Jetzt aber mal alle, sing along! Bei der indonesischen Ausflugsgruppe kommt nicht viel dabei heraus, auch die Prosecco-Mädchen kichern bloß verlegen. Der Herr im rosa Pulli lehnt dankend ab. Dann kommt der Mann mit dem Mikro an einen Tisch mit kubanischen Damen. Die lassen sich nicht lange bitten, nur eine ältere Lady bleibt sitzen. In roter wallender Bluse lehnt sie aufrecht in ihrem Sessel. Der Sänger will ihr den Refrain aufdrängen, aber Madame Kuba verzieht keine Miene. Erst als er das Mikrofon schon wegziehen will, öffnet sie den Mund. Heraus dringt eine Stimme. Eine Stimme, die so dunkel ist, als käme sie aus tiefster Tiefe ihres Körpers. Sie singt wie eine Souldiva. Und wie in einem albernen amerikanischen Musikvideo stehen die Menschen auf, einer nach dem anderen und beginnen zu tanzen. Hüften wiegen, Hintern kreisen, Finger schnipsen tonlos vor dem Bauch, und Köpfe legen sich zur Seite. Sogar die weißen Hemdkragenmänner lassen ihre Cocktailgläser ein wenig locker, während Miss Kuba von ihrem Sessel den ganzen Raum erfüllt.

Nach dem letzten Ton kommt die pure Ehrfurcht, Stille und dann tosender Applaus. Eigentlich sei das kein typischer Felix-Tag, hatte der PR-Mann am Anfang des Abends gesagt. Am Wochenende, ja, da geht es los. Sexy bis kurz vor Fetisch, ha, ha. Aber heute. Das Dienstagskonzept sei es, auch mal andere Leute ins „Felix“ zu locken. Studenten und so. So etwas machten sie sonst nicht. Na wenn das so ist. Vielleicht ist Dienstag gar kein so schlechter Tag. Johanna Lühr

Felix, Behrenstraße 72, Dienstag Live-Konzert, halber Eintritt für Studenten, am Samstag Pacha-Party, ab 23 Uhr, Infos unter www.felix-clubrestaurant.de

Johanna Lühr

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