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Wild at Heart

© Heerde

Partygänger: "Wild at Heart" - Punkrockladen mit Herz

Alle wollen gerade Wärme. Ob draußen oder drinnen. Das Wild at Heart ist so ein Ort. Hier hatten die Barfrauen schon tätowierte Unterarme, als sich die Mädchen noch asiatische Schriftzeichen auf die Fesseln ritzen ließen.

Ein dunkler Schlauch ohne Fenster mit rotbraun tapezierten Wänden, die so über und über mit Aufklebern und Konzertplakaten zugekleistert sind, als würde hier schon seit Jahrzehnten das Bier über die Theke gereicht.

So lange ist das gar nicht her. Seit 1995 gibt es den Club am Ende der Wiener Straße gleich beim Görlitzer Park. Vorher war hier ein Independent-Kino, das Fsk, das dann auf der Suche nach größeren Räumen an den Oranienplatz zog. Jetzt spielen hier jedes Wochenende Punk- und Rock’n’Roll-Bands auf der kleinen Bühne, dass einem die Ohren wegfliegen.

„Gute Konzerte müssen so laut sein, dass es gerade noch körperlich ertragbar ist“, sagt Lea, eine der drei Inhaber. Mit ihrem Mann und einem Freund (alle 44, Kreuzberger und schon seit Ewigkeiten in der Gastro- und Musikszene) kümmerten sie sich als Erstes um den Schallschutz. In den Keller kam ein Tonstudio für Live-Mitschnitte. Die Tische schraubten sie an die Wände. Regel zwei für einen Punkrockladen: Alles festnageln. Die Leute wollen schließlich auf die Tische klettern.

Heute klettert keiner. Es ist noch früh am Abend, das Osterwochenende ist vorbei, die Touristen sind weg und die Berliner ermattet von ihren Familienausflügen. Eben erst hat die Barfrau das grelle Putzlicht ausgeschaltet. Ihre Tochter kommt mit ihrem Freund auf ein Bier vorbei. Von nebenan bringt einer einen Teller Crêpes mit Erdbeeren.

Reich werden können wir hier nicht. Aber von zehn Stachelpunks könne man schließlich auch nicht leben, sagt Lea. Aber das müssen sie auch nicht mehr. Seit ein paar Jahren gilt nicht mehr nur der Berliner Osten als toll, sondern auch Kreuzberg ist wieder in Ordnung. Weil es so schön rockig geblieben ist.

Und so drängen sich die unterschiedlichsten Leute bis zum Bühnenrand. Englische Rocktouristen mischen sich mit alten Stammgästen und neuen Galeristen, die hier ihre Champagnerpartys schmeißen. Japanische Musiker und Teenager aus Brandenburg fotografieren sich gegenseitig vor dem Tresen. Und auch die Bands müssen sich nach den Konzerten erst einmal durch den ganzen Raum quetschen, um an die Backstage-Tür vorne neben dem Eingang zu gelangen.

Extrawürste gibt es nicht. Dafür das Bier in Sekundenschnelle. Neulich waren die Sportfreunde Stiller für ein Fotoshooting hier. Sie wollten noch einmal an die Orte zurückkehren, an denen sie groß geworden sind. Lea konnte sich gar nicht mehr so richtig an sie erinnern. Aber süß fand sie das trotzdem.

Wild at Heart, Wiener Straße 20, täglich ab 20 Uhr, Freitag, 17.4., spielt die amerikanische Punk-Band „The Lustkillers“.

Johanna Lühr

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