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Porzellan Cohen

© Oliver Wolff

Porzellan-Ausstellung: Strahlender als das Leben

Richard Baron Cohen zeigt kostbares Porzellan aus seiner Privatsammlung im Schloss Charlottenburg.

Das sind glorreiche Momente im Leben eines Sammlers: Wenn er Dinge zusammenbringen kann, die lange getrennt waren. Zum Beispiel die Zuckerdose zu einem historischen Teeservice entdeckt, das sich allzu lange allein mit dem Milchkännchen begnügen musste. Richard Baron Cohen sammelt seit 14 Jahren Porzellan aus der Zeit von 1785 bis 1840. Jetzt sitzt er stolz im Schloss Charlottenburg und sieht beseligt zu, wie Gäste in die Vitrinen mit seinen Objekten schauen.

Nein, er hat sich keine Sorgen darüber gemacht, die kostbaren Teller und Tassen und Vasen aus seiner auf 18 Millionen Dollar geschätzten Sammlung aus seinem Haus auf Long Island nach Berlin fliegen zu lassen. „Solche Dinge sind dazu bestimmt, dass sie von vielen Menschen gesehen werden“, ist er überzeugt. Vom 28. Juli bis zum 4. November ist die Ausstellung „Raffinesse & Eleganz. Königliche Porzellane des frühen 19. Jahrhunderts aus einer amerikanischen Privatsammlung“ im Neuen Flügel des Schlosses zu sehen.

Was ihn an Porzellan so fasziniert? Die Klarheit und die Schönheit der Bilder. Das Präzise. Die hyperrealistischen Details, die man auf Ölgemälden so nicht hinkriegen kann. „Porzellan“, sagt er, „ist strahlender als das Leben.“

Besonders die Menschen haben ihn oft enttäuscht. Nach zwei gescheiterten Ehen hat er das Gefühl, nie das an Liebe und Anerkennung zurückbekommen zu haben, was er selber gegeben hat. Mit dem Porzellan ist es anders. Das bringt ihm Freude, die bunten floralen Motive auf den KPM-Tellern zum Beispiel. Die leuchten in seinem Schlafzimmer in der Oyster Bay, und jeden Morgen, wenn er die Augen aufschlägt, fällt sein Blick darauf. Ein Genuss.

Wenn er seinen ältesten Sohn in Chicago besucht, wird das Essen grundsätzlich auf weißen einfachen Tellern serviert. „Von meiner Familie bin ich nie unterstützt worden“, sagt er traurig. Weder der Vater noch die drei Söhne können seiner Leidenschaft etwas abgewinnen. Dabei ist ihm noch nie etwas entzweigegangen. Das Geheimnis? „Man darf nicht sprechen, wenn man ein Stück Porzellan in der Hand hält.“ Vor 50 Jahre wurde Richard Baron Cohen als Sprössling eines Immobilien-Clans in Manhattan geboren. Er selber macht sein Geld mit Getränkeautomaten für Fast-Food-Restaurants. Aber seit er vor 14 Jahren nach einer ersten Initialzündung in einem Londoner Antiquitätengeschäft erkannte, was für eine Sammlung er eigentlich aufbauen wollte, geht viel seiner Zeit in das Studium von Katalogen oder in Auktionsbesuche. Etwa drei Monate im Jahr ist er auf Reisen. Er ist nicht immer nur auf der Suche nach der verlorenen Zuckerdose.

Seine zweite Leidenschaft sind Nilpferde. Ein Jahr lang reiste seine Assistentin Sarah Louise Galbraith, eine Psychologin, um die Welt, um Nilpferde zu fotografieren. Sie brachte 303 Motive zurück, darunter aus dem Berliner Zoo das Nilpferd Kathi. Diese Motive zieren ein aus 153 Teilen bestehendes Porzellanservice von Royal Copenhagen, ein Unikat, das er eigens anfertigen ließ. Es war seit hundert Jahren das erste, das ohne dänische Pflanzen auskommen musste und die erste Bestellung, die nicht von einem Königshaus kam. Kathi ziert übrigens die terrinengroße Zuckerdose.

Mit abstrakter oder moderner Kunst kann Cohen nichts anfangen. Er hat es gern, sofort belohnt zu werden, wenn er etwas anschaut. Vom Nilpferdporzellan zu essen käme aber nicht infrage, nicht mal, wenn einmal im Jahr der Kongress der Nilpferdfreunde aus aller Welt tagt. Sein Gebrauchsporzellan hat er zufällig an einem Heiligabend gefunden. Es ist auch von Royal Copenhagen mit einem wunderschönen lichtgrünen Rand und einer braunbeigen Mitte, genau das, was er lange gesucht hatte, und es passt auch perfekt in seine Küche hinein. Am 1. August wird der Sammler 50 Jahre alt, das feiert er im Kreise seiner Lieben im Schloss Charlottenburg. Wie viele Amerikaner sieht er Berlin als Stadt der Zukunft, einen Ort, der die Kunst anzieht. Vorsichtshalber lernt er schon ein bisschen Deutsch. Elisabeth Binder

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