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Rettungsschwimmer-EM

© Siepmann/DLRG

Prenzlauer Berg: Rettungsschwimmer-WM ist besser als Baywatch

Schwimmen, schleppen, paddeln, tauchen. Bei der Rettungsschwimmer-WM in Prenzlauer Berg ist ein wahrer Kraftakt vonnöten, um den Titel einzuheimsen. 2000 Athleten aus 36 Nationen sind im Europasportpark zusammengekommen, um die Besten ihrer Zunft zu krönen.

Ganz oben auf dem Podest steht Marc Prudhomme, und plötzlich wird er inmitten all des fröhlichen Trubels ernst. Der 25-jährige Kanadier aus Montreal holte Gold im 100-Meter-Schwimmen mit Flossen und Gurt für die Wettkampfpuppe. „Die Medaille widme ich meinen gefallenen Kameraden in Afghanistan“, sagt der Hobbyschwimmer und Kriegsrückkehrer des „Canadian Royal Regiment“. Dann kann er doch wieder lächeln, bei den Rettungsschwimmer-Weltmeisterschaften 2008 in der Schwimmhalle im Europasportpark Prenzlauer Berg.

Alle zwei Jahre gibt es die WM, und zwei Wochen lang schwammen, schleppten, paddelten, tauchten, rannten und zogen knapp 2000 Athleten aus 36 Ländern in der Halle in Berlin und im Meer vor Warnemünde nach aller Kraft. Sie alle sind nur noch selten am Strand im Dienst, sondern betreiben Rettungsschwimmen als Leistungssport. „Mich fasziniert, dass das anders als beim Schwimmen nicht nur Kachelzählen ist“, sagt Nyk Bahro, 24, aus Prenzlauer Berg. Wie seine Teamkameraden Tobias, Sören und Ralf trainiert der HU-Lehramtsstudent fast täglich. Den Darstellern der US-Kultserie Baywatch machen hier alle locker Konkurrenz, doch Rescue-Schwimmer nervt der Vergleich. „Das hat doch mit der Realität bei uns nichts zu tun“, sagt Frank Villmow, Berliner Landeseinsatzleiter der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft.

Die 820 allesamt ehrenamtlichen Wasserretter, auch von Arbeiter-Samariter-Bund und Wasserwacht des Roten Kreuzes, leisteten 2007 an den 26 Rettungsstationen an Berlins Gewässern 216 000 Wachstunden. Knapp 2000 Mal griffen sie ein, retteten Betrunkene vorm Ertrinken, verbanden aufgeschnittene Füße, richteten Boote auf, tauchten nach Vermissten, leisteten technische Hilfe. Die Landeszuschüsse sanken in den vergangenen zehn Jahren um die Hälfte, sechs Siebtel der Aufwendungen stemmen die Wasserretter aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. „Kinder können heute schlechter schwimmen, auch, weil sie immer mehr vorm Computer sitzen und zudem die Hallenbäder kürzer geöffnet haben. Und viele Eltern schieben auch beim Baden gern die Verantwortung von sich“, beklagt Villmow. Zum Glück seien die Statistiken bei den Mitgliedern wie bei der Kinder- und Jugendschwimmausbildung steigend, sagt der deutsche DLRG-Präsident Klaus Wilkens. Und das habe seinen Grund.

„Die Leute sind super und alles macht Riesenspaß“, sagt George Hopkinson, 22, aus Crawley Town nahe London. Er hat wie alle Schwimmerinnen und Schwimmer auch aus Argentinien, Ägypten, China, St. Lucia, Sri Lanka, Neuseeland oder Spanien untereinander T-Shirts getauscht. Rettungsschwimmer sind Teammenschen, da wird sich vorm Start gegenseitig Glück gewünscht. Die Deutschen waren mit dem Abschneiden in der Halle sehr zufrieden, so gewann etwa die DLRG Lichtenberg in der Unfallszenario-„SERC“-Kategorie Gold. Draußen sind die Australier die Nummer Eins, die haben ja auch viel Ozean. „Mich hat der Sport nie losgelassen“, sagt Teamhelfer Ron Tallon aus „Down Under“. Der Mann ist 81 – und sieht aus wie längst noch nicht auf Rente. Annette Kögel

Wer sich fürs Rettungsschwimmen interessiert: www.berlin.dlrg.de. Videos von der WM gibt’s unter www.berlin.dlrg.de

Annette Kögel

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