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© Heerde

Prenzlauer Berg: Von der Rolle

Café, Möbelladen, Kino – und das alles in einem: In Prenzlauer Berg entwickelt sich eine neue Filmszene. Es geht jedoch mehr um unentdeckte Juwelen als um Blockbuster.

Meist bleibt nur die Wahl zwischen Popcorn und Nachos – wer im Kino etwas essen will, der wird meist mit Knabberzeug abgespeist. Kleine Kinos wie das „Intimes“ in Friedrichshain oder das „Lichtblick“ in Prenzlauer Berg sind da die Ausnahme, denn hier finden Cineasten auch ein gastronomisches Programm unter einem Dach. Aber nicht nur dort: In der Schliemannstraße 15 (ebenfalls Prenzlauer Berg) entsteht derzeit das „Filmcafé“. Der Kinosaal ist noch nicht ganz fertig, aber das dazugehörige Lokal im 60er-Retrostil hat schon geöffnet. Mit 30 Sitzplätzen auf 55 Quadratmetern wird das Kino im „Filmcafé“ zwar „nicht das größte Kino der Stadt“ sein, wie Betreiber Arne Grüss zugibt, aber die aufsteigenden Sitzreihen und die moderne, digitale Rückprojektion sollen ein magisches Bild bieten.

Noch vor der Berlinale, auf der Grüss seit einigen Jahren bei der Gästebetreuung arbeitet, sollen die ersten Filme über die Leinwand flimmern, und zwar keine Dutzendware.

Zugleich versteht Grüss sein Kino aber auch als einen Ort, der Filmschaffenden jeglicher Couleur als Spielstätte zur Verfügung stehen soll, und hat deswegen bereits mit privaten und staatlichen Filmschulen Kontakte geknüpft – und in der Nachbarschaft. Denn im sogenannten LSD-Dreieck (aus Lychener Straße, Schliemann- und Dunckerstraße) wohnen nicht nur viele Filmschaffende, sondern es haben sich auch zahlreiche Produktions-, Verleihfirmen und Medienbüros angesiedelt. „Es gab schon Anfragen von Kreativen, ob sie ihre eigenen Produktionen hier aufführen können“, sagt Grüss, der noch einen passenden Namen für das Kino sucht.

Aber nicht nur die Gastronomie spielt eine Rolle im Filmcafé. Vielmehr können die Besucher auch Bücher, Zeitschriften erwerben – und Möbelstücke wie echte Kinoklappstühle. „So mancher Gast wundert sich nach einer Weile, dass an allen Lampen, Tischen und Sesseln Preisschilder hängen“, sagt Grüss, dessen Lebensgefährtin Dagmar Neuberger die Idee für den integrierten Möbelhandel aus ihrer Heimatstadt Wien mitgebracht hat. Kennengelernt haben sich beide – eigentlich ganz uncineastisch – bei einer Liveübertragung eines WM-Fußballspiels. Die Wienerin verlor beim Aufspringen das Gleichgewicht: „Sie ist mir praktisch in den Schoß gefallen“, scherzt Arne Grüss. Beide können sich seither ganz genau an das 1:0 Deutschlands gegen Portugal beim Spiel um Platz drei erinnern. Die Wienerin hatte dabei doppeltes Glück. Sie fand nicht nur die Liebe, sondern auch einen neuen Job. Sie hilft ihrem Partner nun dabei, das Bar-Kino-Küche-Konzept des Cafés umzusetzen.

Das Thema Film scheint im Kiez derweil gut anzukommen: Nur wenige Schritte vom Café entfernt hat vor kurzem das „Filmforum“ eröffnet, wo es DVDs zu leihen gibt. Die Inhaber Frank Schäfer und Thilo Michel setzen wie die Cafébetreiber nebenan eher auf Klasse statt auf Masse: Blockbuster à la Roland Emmerich sind nicht das Hauptangebot. Aber vielleicht ändert sich das ja mal, wenn der Hollywood-Regisseur hineinschaut. Schließlich soll er sich kürzlich in der Nähe eine Dachgeschosswohnung eingerichtet haben.

Max Peter Heyne

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