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Moskau

© p-a/ZB

Sanierung: Liebesgrüße ans „Moskau“

Das legendäre Café an der Karl-Marx-Allee hat einen neuen Eigentümer. Er will das Haus behutsam sanieren. Aber auch Autos zeigen.

Wo passt es besser hin? Auf den Hausdächern ringsum steht in verblassenden Buchstaben „LKW Tatra Motokov“ oder „balkancarpodem Bulgarien“. Das Café Moskau“ mit dem Sputnik auf dem Dach steht goldrichtig. Der dreistöckige Bau an Karl-Marx-Allee Ecke Schillingstraße ist ein originelles, aber schon verblichenes Schmuckstück moderner DDR-Architektur. Aber Nicolas Berggruen „sammelt“ eingetrübte Schätze, die er aufpoliert. Der Sohn des Kunstsammlers und Ehrenbürgers Heinz Berggruen erwarb die Treptower Schuckert-Werke, die Sarotti-Höfe in Kreuzberg – und nun hat er eine weitere „Architekturikone“ erworben: das Café Moskau.

Ein kleines DDR-Museum: Die Mosaike an der Hauswand, der rotschummerige Nachtclub hatJahrzehnte unbehelligt überstanden, an der großen Theke prosteten sich schon Ost-Berliner Parteibonzen zu, die eingebauten Kühlschränke sind auch noch da. Wie die Holztäfelungen von Café, Restaurant, Salons, im ersten Stock das Wandrelief mit der Moskau-Ansicht aus Meißener Porzellan. Im Hof erinnert der (stillgelegte) Springbrunnen an großen Zeiten.

Berggruens Holding will den legendären Ort, nicht nur von der Club-Szene geliebt, im nächsten Jahr „behutsam“ sanieren und in den Originalzustand der sechziger Jahre versetzen, möglicherweise auch die Nutzfläche vergrößern. Die Wiedereröffnung soll Ende 2008 sein. Der Investor verspricht eine „größere Variatonsbreite“ von Veranstaltungen, etablierte Events sollen bewahrt, weiterentwickelt und ergänzt werden. Man könne sich vorstellen, beispielsweise auch Autos in den Räumen zu präsentieren. Detaillierte Gespräche wolle man zunächst mit Architekten, Denkmalschützern, dem Bezirk und möglichen Nutzern führen,“ lässt Geschäftsführer Samuel Czarny wissen. So mancher der jetzigen Nutzer des Hauses wird sich mit dem Gedanken an Autoausstellungen nicht anfreunden können, gehört das Café Moskau doch zu den beliebtesten Partyorten der Stadt. Zumindest bis Ende des Jahres wird die Club-Szene wohl weitergehen

Im März hatte die bundeseigene TLG-Immobiliengesellschaft das nach der Wende geschlossene Café in Zeitungsanzeigen angeboten. Nicht als Café – das ist es schon längst nicht mehr – aber als „legendäre Club-Immobilie mit Galerie- und Ateliercharakter“. Das Gebäude, so hieß es intern, passe nicht zum Grundstücksbestand der TLG, das Haus sei eine Spezialimmobilie wie ein Kino oder ein Hotel – und überhaupt: Der Grundstücksmarkt verspreche einen besseren Erlös. Was da für Geld geflossen sind – die TLG und die Firma Berggruen wollen sich dazu nicht äußern. Auch nicht, was ins Moskau investiert werden wird. Gerade die Hinterseite des Hauses wirkt heruntergekommen. Die Kosten ließen sich „beherrschen“, hatte die TLG-Gesellschaft imMärz versichert.

Aber das leicht Gammelige macht auch den Reiz des Moskau aus: Zur Fußball-WM lud eine Sportartikelfirma ein, es gab Modemessen, Zeitschriften feierten Jubiläum und es legen nicht nur DJs auf, es wird auch klassische Musik gespielt, die im Radio übertragen wird. Das Restaurant, offiziell geschlossen, kommt mitunter zu neuen Ehren, wenn sich Promis ansagen. Hier werden Filme gedreht und Robbie Williams soll hier einmal bis in den frühen Morgen gesessen haben. Vor Monaten war kurz im Gespräch, hier Berlins größte Diskothek einzurichten.

Das Moskau war Anfang der sechziger Jahre nach Plänen der Architekten Josef Kaiser und Horst Bauer als Nationalitätenrestaurant errichtet worden. Rund 160 Angestellte waren hier beschäftigt, servierten in der Natascha-Lounge oder im Kaukasus-Salon.. Das Haus war beliebt in Ost-Berlin. Anfang der achtziger Jahre wurde das Haus umgebaut, nach der Wende stand es einige Jahre leer. Der Nachtclub im Untergeschoss weckte das Haus zu neuem Leben.

Wie das künftige Leben im Haus aussieht bleibt abzuwarten. Im U-Bahnhof Schillingstraße sind große Fotos zu sehen, die das Café Moskau in seiner Blütezeit zeigen. Festlich gekleidete Menschen, die aus großen Fenstern auf das neue Kino International blicken,neu ist auch der Tatra-Schriftzug auf dem Wohnhaus gegenüber. Alles passt zusammen.

Christian van Lessen

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