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Stadtleben: Schicke Luft

Aus S-Bahn-Waggons soll der Mief verschwinden Dazu wird ein spezielles Parfüm entwickelt

Kennt jeder: Man steigt in die S-Bahn – und möchte am liebsten gleich wieder aussteigen. Dicke Luft. Ein paar Jugendliche genießen ihre Pommes, auf dem nächsten Vierersitz hält jemand ein Nickerchen nach ausgiebigem Schnapskonsum. Und der Sporttaschen-Hüne von der Nachbarstange duscht nach dem Fitnesstraining lieber zu Hause.

Tja, sagt S-Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert, im öffentlichen Nahverkehr habe man eben bisweilen mit unangenehmen Gerüchen zu tun. Man könne Fahrgäste schließlich nicht zwingen, sich zu waschen. Doch die S-Bahn kann etwas anderes tun. Sie kann ihre Waggons parfümieren – dazu will sie jetzt erste Tests starten.

Der Vorschlag eines Mitarbeiters, die Wagen mit einem Spezialduft zu parfümieren, hat bei einem internen Ideenwettbewerb den ersten Platz belegt und soll nun in die Tat umgesetzt werden. Auf den zweiten Platz von insgesamt rund 30 Einreichungen wählte die Manager-Jury eine Idee für ein System, Schäden und Mängel auf S-Bahnhöfen über das Internet zu melden. Auf Rang drei kam ein Entwurf für ein Graffiti-abweisendes Design der Züge.

Was ist das für ein Wunderduft, der die Berliner S-Bahn-Luft erfrischen soll? Ahlert kann dazu noch wenig sagen: „Wir sind ganz am Anfang.“ Einen Zeitplan gibt es noch nicht. Zuerst müsse man mit Firmen in Kontakt treten und sich Duftbeispiele vorführen lassen. Wichtig sei, dass der Duft bei den Fahrgästen keine Allergien auslöse und nicht zu „aufdringlich“ sei. „Da wird viel Probeschnuppern nötig sein“, sagt Ahlert. Später wolle man Berliner Bürger als Testnasen dazuholen. Sie sollen sich schließlich mit dem Aroma so wohlfühlen, dass sie umso lieber – und öfter – S-Bahn fahren. Fest steht derweil, dass das neue Waggon-Deo zunächst in 100 von 620 S-Bahn-Doppelwagen eingesetzt werden soll. Ob es aber über das Wischwasser verteilt oder über Spezialbehälter direkt in die Waggons gebracht wird, ist noch nicht entschieden.

Die Bahnsteige der Pariser Metro werden bereits seit einigen Jahren mit Reinigungsmitteln gefeudelt, denen ein eigens entwickeltes Parfüm namens „Madeleine“ beigemischt ist, das nach Zitrone, Orange und Lavendel riecht. Die BVG dagegen hat ein Pilotprojekt mit „Madeleine“ aufgegeben, weil der per Wischmopp in den Trams verteilte Duft zu schnell verflog.

Florian Müller vom Berliner Fahrgastverband steht der Duft-Offensive „abwartend vorsichtig“ gegenüber. Geruchswahrnehmung sei subjektiv verschieden. „Was der eine als angenehm empfindet, stinkt dem anderen.“ Die Frage sei, wie intensiv die S-Bahn parfümiert würde. „Wenn es wirklich stinkt, muss es im Waggon schon sehr stark duften, um diesen Geruch zu übertönen.“ Hier befürchtet Müller eine „Reizüberflutung“. Die Menschen seien im täglichen Leben schon so vielen akustischen und optischen Einflüssen ausgesetzt – da müsse man die Umwelt nicht auch noch geruchsmäßig „zukleistern“.

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