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Zugang zu Instrumenten für Kinder aus sozial schwachen Familien: Diesen Zweck wählten Wolfgang und Micheline Andreae für ihren Fonds aus - und bewegen auch andere zum Zustiften.

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Stiften: Zusammenspiel der Kräfte

Ebenso wichtig wie die Arbeit der Ehrenamtlichen sind Spenden. Dafür gibt es viele Formen, Stifter haben die Wahl.

Ob bei Vorlese- und Zauberphysikstunden an Schulen oder bei der Unterstützung von benachteiligten Müttern und ihren Kindern: Das Wirken der Bürgerstiftung Berlin speist sich aus zwei Quellen. Da ist zum einen das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Berliner, die zum Beispiel als Lese- oder Physikpaten in die Schulen gehen. Zum anderen lebt die Organisation von Zuwendungen, seien es Sach- und Geldspenden oder Zustiftungen. Wer die Bürgerstiftung materiell unterstützen möchte, hat zahlreiche Möglichkeiten – angefangen von einer einfachen Geldspende bis hin zu Treuhandstiftungen oder Testamenten, in denen die Stiftung bedacht wird.

Seit mehr als zehn Jahren begleiten Bernd Schultz und Mary-Ellen von Schacky-Schultz bereits die Arbeit der 1999 gegründeten Bürgerstiftung. 140000 Euro haben der Geschäftsführer des Auktionshauses Villa Grisebach und seine Frau aus ihrem Privatvermögen in einen Fonds übertragen, der ihren Namen trägt. „Bei Fonds fließt das Geld in das Kapital der Bürgerstiftung“, erklärt deren Geschäftsführerin Helena Stadler. Sie seien einfach zu handhaben, es fließe wenig Geld in die Verwaltung und man könne als Stifter Einfluss nehmen auf die Verwendung und Anlage der Mittel, zählt sie die Vorteile des Modells auf.

„In den USA sind Fonds heute Standard“, sagt Stadler. Das Ehepaar Schacky-Schultz verzichtete darauf, zu bestimmen, welchem Zweck ihr Fonds dienen soll. „Sie haben gesagt, der Stiftungszweck entspricht ihrem eigenen“, erzählt die Geschäftsführerin. Die beiden interessieren sich inhaltlich sehr für die Arbeit der Bürgerstiftung. Neben dem Familienfonds erhält diese jährlich eine große Spende von der Villa Grisebach Auktionen GmbH, die auch ihr Haus an der Fasanenstraße für den jährlichen Neujahrsempfang zur Verfügung stellt.

Treuhandstiftung oder ein Fonds?

Wer einen Fonds stiftet, kann entscheiden, ob dieser den eigenen Namen oder den einer anderen ehrwürdigen Person tragen soll. Oder man verzichtet ganz darauf und bringt einen thematischen Fonds auf den Weg. Diese Form wählten der Jurist und Verleger Wolfgang Andreae und seine Frau Micheline. Mit ihrem Geld wurde 2010 unter dem Dach der Stiftung ein Fonds gegründet, der Kindern aus sozial schwachen Familien Zugang zu Musikinstrumenten ermöglichen soll.

„Das Stifterpaar hilft dabei, Leute zum Zustiften zu gewinnen“, sagt Helena Stadler. „Das ist das Praktische beim thematischen Fonds ohne eigenen Namen: Andere Zustifter machen eher mit.“ So werden im Musikbereich zum Beispiel Reparaturen und Leihgebühren von Instrumenten finanziert. Immer wieder spenden Bürger zudem Geigen, Trompeten oder Celli. Etwas komplizierter als ein Fonds, aber dafür ein Klassiker im Stiftungswesen ist eine Treuhandstiftung. Dabei verbleibt das Geld in einer eigenständigen Stiftung, deren Vermögen die Bürgerstiftung treuhänderisch verwaltet. „Das Kapital bleibt getrennt“, erklärt Stadler. Die Erträge kommen einem vom Stifter bestimmten Zweck zugute.

Vor fünf Jahren wurde als erste Treuhandstiftung unter dem Dach der Bürgerstiftung die August-Joest-Stiftung gegründet. Deren Ziel ist es, Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien zu fördern und ihnen Zugang zu Bildung und Kunst zu ermöglichen. Gegenüber einer Treuhandstiftung ist ein Fonds einfacher zu administrieren. Wohin die Erträge fließen wird mit dem Fondsinhaber besprochen, bei einer Treuhandstiftung entscheidet ein Beirat.

Berlin braucht noch mehr Zustifter

Bürgerstiftungen seien ein ideales Dach für unselbständige treuhänderisch geführte Stiftungen, findet Stadler, vor allem wenn sie regional agieren wollen. Wenn ein Teil der Erträge einer Treuhandstiftung den Projekten der Bürgerstiftung zu Gute komme, entfielen auch die Kosten für die Verwaltung. Zustiftungen sind außerdem steuerlich interessant und, so Stadler, „wir hoffen in Zukunft auch auf mehr testamentarische Verfügungen“. Vor allem für Menschen ohne Kinder oder mit einem Bezug zu Berlin könnte dies eine Möglichkeit sein, über die eigene Lebenszeit hinaus etwas für das Gemeinwesen zu tun.

Ob Zustiftung, Fonds, Treuhandstiftung, Testament oder Vermächtnis: Sie alle sind eine nachhaltige Form der Spende; das Kapital bleibt erhalten und aus den Erträgen wird die Projektarbeit geleistet. Doch das Kapital der Bürgerstiftung Berlin lag Ende vergangenen Jahres insgesamt erst bei rund 516000 Euro. „Berlin fehlen im Vergleich zu anderen Städten immer noch das Bürgertum und damit die Zustiftungen“, sagt Geschäftsführerin Stadler. Weil die Zinsen derzeit sehr niedrig ausfallen, ist die Organisation daher auch weiterhin auf viele Einzelspenden angewiesen. Pro Jahr kommen im Schnitt bis zu 400000 Euro zusammen.

Unternehmen können projektgebunden Geld geben. Firmenjubiläen und private Geburtstagsfeiern bieten sich an, um zu spenden. Und die Stiftung wirbt um Eltern. Sie können einen zweckgebundenen Fonds für ihre Kinder einrichten, in den ein Teil der Geldgeschenke zu Weihnachten und zum Geburtstag oder auch das Kindergeld fließen. „Es gibt viele, die diese Leistung gar nicht brauchen“, meint Stadler. Und erzählt von einer Journalistin, die im Namen ihrer Tochter Monat für Monat 20 Euro für Bücher spendet. „Ist das Kind erwachsen, hat es so eine kleine Bibliothek aufgebaut.“

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