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STREITHÄHNE: Unter Feinden

Ab Dienstag stehen die Rapper des Labels "Hirntot“ vor Gericht. Der Vorwurf: Volksverhetzung – und das Bedrohen einer Politikerin mit dem Tode.

„Das ist meine AK. Schau ihr in den Lauf. Kugelhagel in dein Kopf. Junge, du gehst drauf.“ Man kann den Rappern des Berliner Labels „Hirntot“ vielleicht zugutehalten, dass sie sich um echte Reime bemühen und manchmal sogar das Versmaß einhalten. Aber die Inhalte ihrer Texte gelten – sogar in Berlins berüchtigter Rapszene – als brutal.

Vielleicht zu brutal, denn ab heute müssen sich die drei Rapper Blokkmonsta, Uzi und Schwartz vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Unter anderem wegen ihrer CDs „1. Mai Steinschlag“ und „Meine AK 47“, mit denen die Musiker aus Ermittlersicht gleich eine ganze Reihe von Straftatbeständen erfüllt haben: Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung, öffentliches Androhen von Straftaten, Bedrohung, Beleidigung.

Die CDs sind schon drei Jahre alt. In einem der Lieder hätten die Rapper „brutal, grausam und detailliert“ die Ermordung von Polizisten beschrieben, heißt es in der Anklageschrift. In einem anderen hätten sie darüber gerappt, wie die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien angezündet werde. Außerdem hätten sie die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn in einem Video beschimpft und mit dem Tode bedroht.

Von Rappern angepöbelt zu werden, ist für Griefahn nichts Neues. Die 53-Jährige ist Mitglied des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien und hat in der Vergangenheit schon öfter die Texte von Gangsta-Rappern als pornografisch, gewaltverherrlichend und rassistisch bezeichnet. Als Negativbeispiele nannte sie meist Berliner Künstler. Außerdem forderte Griefahn die Radiosender auf, Lieder mit brutalen Texten aus dem Programm zu nehmen.

Das wiederum nahmen die Gangsta-Rapper persönlich. Einige sogar als Kriegserklärung. Immer wieder wird Griefahn seither in Songs beschimpft. Besonders groß ist die Abneigung vonseiten der Berliner Rapper, die in der Szene als besonders hart und provokationsfreudig gelten. Sido, der als „Maskenmann“ bekannt wurde und eigentlich Paul Würdig heißt, antwortete Griefahn mit einem ironischen Song und bezeichnete Deutschlands Politiker als „Witz“. Immerhin setzte er sich später mit Griefahn zu einem Streitgespräch zusammen – und versuchte der SPD-Frau zu erklären, wie er seine Songs schreibe: „Ich sauge mir meine Texte und meine Sprache ja nicht aus den Fingern. Ich erzähl nur das, was ich aus dem Märkischen Viertel kenne.“ Das fand Griefahn wenig überzeugend. Ganz diplomatisch verhielt sich ausgerechnet Deutschlands erfolgreichster Hip-Hopper Bushido, der sonst nur selten eine Gelegenheit zum Beleidigen auslässt. In seinem Song „Endgegner“ rappt er bloß: „Monika Griefahn steht nicht auf meinen Humor.“

Die jetzt angeklagten Hirntot-Musiker wollen sich erst nach dem Prozess äußern. Aber klar ist: Für sie sind die Gewalttexte eine Form von Kunst. Und von einem Mord zu singen heißt noch lange nicht, ihn wirklich auszuführen. Monika Griefahn dagegen fürchtet, dass Jugendliche mit wenigen sozialen Kontakten „alleine zu Hause sitzen, vielleicht 15-mal hintereinander Gewalttexte hören und dann mit einem viel höheren Aggressionspotenzial auf die Straße gehen“.

Gegen die drei Hirntot-Musiker wird schon länger ermittelt. Als ein Spezialeinsatzkommando der Polizei im Juli 2007 die Wohnungen der drei Rapper durchsuchte, stellten die Beamten ein Maschinengewehr AK 47 mit Magazin, aber verschlossenem Lauf sicher, dazu eine Pistole und mehr als 200 Gewehrpatronen im Patronengürtel. Die Angeklagten, die bürgerlich Björn D., Tomasz M. und Raphael B. heißen, sind zwischen 22 und 26 Jahre alt und im Alltag Computerspezialist, Schüler und Student. Möglicherweise kommt es schon am Nachmittag zum Urteil. Das dürfte auch andere Berliner Rapper interessieren – noch in diesem Sommer werden einige neue CDs von Szene-Rappern erscheinen.

SPD-Politikerin Monika Griefahn rief zum Boykott brutaler Rapsongs auf – das machte sie zur Zielscheibe der Szene.

Auch Maskenmann Sido machte sich über die Abgeordnete lustig, erklärte sich aber zum Streitgespräch bereit.

Rapper Bushido verzichtete ausnahmsweise auf Schimpfwörter und attestierte Griefahn einen „eigenen Humor“.

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