zum Hauptinhalt

THEKEN Tanz: Luna 28

Der Screwy Club war ein putziges Lokal. Rotschimmernde Tütenlämpchen mit Totenköpfen, ein seltsamer Tresen, dessen Form den Wunsch des Betreibers nach einer gefällten, überdimensionalen Karotte vermuten ließ.

Von Frank Jansen

Der Screwy Club war ein putziges Lokal. Rotschimmernde Tütenlämpchen mit Totenköpfen, ein seltsamer Tresen, dessen Form den Wunsch des Betreibers nach einer gefällten, überdimensionalen Karotte vermuten ließ. Ein Kindergarten mit Cocktails, bunt und amüsant. Das war im Jahr 2000. Und heute? Schluss mit schrill. Der Screwy Club ist tot. Die Bar heiße jetzt Luna 28 und der neue Besitzer habe eine radikale Antithese zum Trinktempelchen von einst verwirklichen wollen, murmelt es in der drinking crowd. Klingt nach Frösteln auf Knopfdruck.

Schon draußen ist allerdings zu ahnen, dass im Luna 28 mit viel Engagement gewerkelt wird. Auf dem Bürgersteig blinken zwischen den Gehwegplatten viele winzig blaue Glühbirnen, die als optische Stolperfalle zum Anhalten animieren. Das mastermind des Luna 28 muss ein Mensch mit viel Fantasie sein, auch wenn er dem Buntfimmel des Screwy Club völlig abhold ist. Der Tresen mit dünnem Footrail wirkt spartanisch, die Barhocker sind kantig schwarz. Die Wände wirken kahl, nur am Ende des schmalen Raumes prangt ein helles Urschleimgemälde. Unter den Glasplatten der Tische blinken pünktchengroße Sterne. Als sei die Milchstraße in diese Bar umgeleitet worden. Bevor der drinking man und ein compañero die Synthese von Sachlichkeit und sanftem Astro-Spleen zu einer philosophischen Formel abstrahieren konnten, eilte der schiebermützentragende Besitzer herbei und offerierte aufs herzlichste seine Dienste. So viel spontane Zuneigung ist in Berliner Lokalen selten. Bei dieser menschlicher Wärme erschienen dann sogar die Rechtschreibfehler in der Karte wie eine Aufforderung zum netten Ratespiel. Was also ist ein „Tangueruy“? Und wer kennt einen „Shotern Comfort“?

Der erste Drink, ein Gin Fizz, ließ indes auch handwerkliche Schwächen beim Mixen vermuten. Cocktail-Schale statt Longdrink-Glas, nur dürftig gefüllt und dünn. Doch der Keeper, ein Mann ohne Schiebermütze, steigerte sich. Er brachte eine Eigenkreation namens Swimming Blue und verriet nur, dass Havana Club Rum, Cointreau, Blue Curaçao und Sprite kombiniert worden waren. War angenehm süffig und nicht so süß wie erwartet. Es folgten ein Mojito, mit Eiswürfeln statt gestoßenem Eis, aber geschmacklich passabel, ein starker stolzer Mai Tai und ein Planter’s Punch, der den Abend abrundete. So muss man den Screwy Club nicht vermissen. Oder höchstens ein bisschen. Frank Jansen

Luna 28, Frankenstraße 2, Schöneberg, Tel.: 0173-23 51 330, täglich ab 18 Uhr 28 (kein Witz)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false