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THEKEN Tanz: Mädchen ohne Abitur

Sie war wirklich sehr wild, die Kahuna- Lounge in Kreuzberg. Die große VoodooMaske neben dem Eingang, der Gitarrenkrach, das ungezähmte Mannsbild von Kellner – dem drinking man hat es in diesem Lokal gefallen, auch wenn die Cocktails als eher zahm in Erinnerung geblieben sind.

Von Frank Jansen

Sie war wirklich sehr wild, die Kahuna- Lounge in Kreuzberg. Die große VoodooMaske neben dem Eingang, der Gitarrenkrach, das ungezähmte Mannsbild von Kellner – dem drinking man hat es in diesem Lokal gefallen, auch wenn die Cocktails als eher zahm in Erinnerung geblieben sind. Und nun: alles vorbei. Die Lounge ist Geschichte, das neue Lokal am selben Platze schimmert lieblich rot in die Körtestraße hinein. Doch es dient sich mit einem Namen an, der die leicht reizbare Frauenbewegung provozieren dürfte: „Mädchen ohne Abitur“. Werden hier bildungsferne junge Frauen veralbert? Mannomann, und das im notorisch proletarisch-revolutionären Kreuzberg.

Bei der Recherche nach dem Ursprung des Namens stößt man auf die Schriftstellerin Marie Louise Fischer. Die Dame, dem Trivialen nicht abgeneigt, verfasste Anfang der 60er Jahre für die „Bravo“ einen Fortsetzungsroman mit dem Titel „Mädchen ohne Abitur“. Eine herzige Geschichte über eine Vollwaise, die – Moment, wie war das noch – mit 16 einem Millionär vors Cabriolet läuft, der sie dann in der Reha besucht, dort ungewollt schwängert und dem jungen Ding für später Hilfe zur Selbsthilfe beim Abitur verspricht und doch eiskalt abhaut. Oder so ähnlich. Egal. Das Lokal animiert jedenfalls mit seinem püffeligen Ambiente zu liederlichen Fantasien.

Schrille Lichtkörper, rote Wände, ein rot gepolsterter Tresen, eine rote Sitzpolsternische und dazu eine Karte, in der Cocktails mit Namen wie „Gabi Sprizz“, „American Beauty“ und „Brigitte Bardot“ angeboten werden. Essen kann man auch, die Betreiber legen Wert auf die Bezeichnung „Restaurant“. Bei den Speisen gibt es wieder mehr oder minder originelle Bezeichnungen, eine Kalbsleber wird als „Party bei Juhnkes“ verkauft. Königsberger Klopse sind „Das große Liebesspiel“. Muss man schon mögen.

Der drinking man und ein compañero hielten sich weitgehend an die Drinks mit klassischen Namen. Die netten Kellner brachten einen sehr guten, erfrischenden Honolulu Juicer (Southern Comfort, brauner Rum, Zitrone, Lime Juice, Ananassaft), einen seltsamen Mai Tai, in dem offenbar der Mandelsirup durch Angostura ersetzt worden war, einen passablen Mojito, einen gelungenen White Russian (allerdings im Whisky-Glas) und einen Coco Choco (Cocos, weißer und brauner Rum, Schokoladensirup, Sahne, Milch), der süßsüffig das Dessert ersetzte.

Übrigens sahen die Damen im Publikum so aus, als hätten sie Abitur. Einige auch schon länger. Und wo trinken Mädchen mit mittlerer Reife? Frank Jansen

Mädchen ohne Abitur, Körtestraße 5, Kreuzberg, Tel.: 616 258 60, von 18 bis 2 Uhr

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