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THEKEN Tanz: Palm Beach

Es gab mal eine Zeit, da war der Genuss von Cocktails ein eher elitäres Vergnügen. Der Herr ging im Anzug, die Frau im Kleid in eine Bar, die akkurat gescheitelten Keeper trugen zu ihren schwarzen oder blütenweißen Jacken kleine Fliegen am Hals.

Von Frank Jansen

Es gab mal eine Zeit, da war der Genuss von Cocktails ein eher elitäres Vergnügen. Der Herr ging im Anzug, die Frau im Kleid in eine Bar, die akkurat gescheitelten Keeper trugen zu ihren schwarzen oder blütenweißen Jacken kleine Fliegen am Hals. Der Abstand zur Eckkneipe mit Biertrinkerpublikum war etwa so groß wie der in der Jetztzeit zwischen, sagen wir, Dieter Bohlen und Max Raabe. Doch heute gibt es die alte kulturelle Hierarchie kaum mehr. Der Konsum von Cocktails ist Volkssport, in manchen Berliner Bars darf man sogar am Abend in kurzen Hosen und Gesundheitssandalen einen Mai Tai ordern. Dieter Bohlen hat gewonnen. Max Raabe ist nur ein letzter, selbstironischer Dandy. Wie soll man solche Zustände nennen? Egalitarismus oder doch Demokratie oder fortschreitende Proletarisierung?

Derart vergrübelt plante der drinking man einen Ausflug in mutmaßliche Ballermann-Untiefen. Die Leserinnen und Leser haben ja ein Recht darauf, auch von den Cocktail-Biotopen jenseits der Refugien des elegant drinking zu erfahren. Da würde doch beispielsweise interessieren, wie es in der offenbar einzigen Cocktail-Bar-Kette Berlins ausschaut, deren Lokale alle denselben Namen tragen: „Palm Beach“. Fünf gibt es, zwei sind erstaunlicherweise nur wenige Meter voneinander entfernt, in der Grünberger Straße in Friedrichshain. Der drinking man schaute in beide kurz hinein, sah auf den ersten Blick keinen wesentlichen Unterschied und traf sich dann mit einem compañero im Palm Beach mit der Hausnummer 55.

Der Boden ist mit Sand bedeckt, der Tresen mit Bambusmatten verkleidet, in den Raum ragt eine ebenfalls bemattete Dachkonstruktion. Aus den Boxen klangen Discohits, aber in erträglicher Lautstärke. Im Publikum dominierten anfangs mittelalte Kiezbewohner, etwas überraschend in der von Jungmenschen dominierten Barszene rund um die nahe Simon-Dach-Straße. Doch dann fielen Schülergruppen ins Palm Beach ein, offenkundig auf großer Berlin-Klassenfahrt, mit abendlichem Alkoholtest. Die Kellnerinnen gaben sich höflich-resolut: Jungs und Mädels mussten ihre Personalausweise zeigen, vorher gab’s kein Bier. In diesem Palm-Beach-Lokal scheint Flat rate-Suff verpönt zu sein. Gut so.

Erleichtert orderten drinking man und compañero einen Gin Tai, der passabel schmeckte, auch wenn gestoßenes Eis besser gepasst hätte, und einen Mai Tai. Das war nun eine reine Rum-und-Triple-Sec-Bombe, auf Mandelsirup und Grenadine schien der Keeper verzichtet zu haben. Es folgten ein hübsch süßer Cherry Colada und ein Singapore Sling, der weder erstaunte noch enttäuschte.

Nun gut, Max Raabe kriegen wir hier nicht hinein. Aber immerhin blieb uns das in der Palm-Beach-Kette beliebte Karaoke erspart. Damit kann sich Dieter Bohlen befassen. Frank Jansen

Palm Beach, Grünberger Straße 55, Friedrichshain, Telefon 970 02 255, täglich von 16 bis 5 Uhr

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