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THEKEN Tanz: Scotch & Sofa

Wahrscheinlich haben die Existenzialisten doch recht. Denn manchmal fühlt der drinking man auf der Suche nach einer besseren Cocktailbar die Nähe des Absurden, des Vergeblichen, ja die ganze Härte des Geworfenseins in diesem stadtsteinernen Monstrum in der brandenburgischen Pampa.

Von Frank Jansen

Wahrscheinlich haben die Existenzialisten doch recht. Denn manchmal fühlt der drinking man auf der Suche nach einer besseren Cocktailbar die Nähe des Absurden, des Vergeblichen, ja die ganze Härte des Geworfenseins in diesem stadtsteinernen Monstrum in der brandenburgischen Pampa. Nicht, dass es an Lokalen mangeln würde, auch nicht an besseren, aber es herrscht Stillstand. Die guten bleiben gut, die schlechten schaffen den Aufstieg nicht oder versuchen es erst gar nicht – und Neues ist fast so rar wie Schnee im Winter. Mental unaufgehellt streifte der drinking man kürzlich um den Senefelder Platz herum und entschloss sich dann, das „Scotch & Sofa“ zu probieren. Na gut, von außen keine Offenbarung architektonischer Eleganz, aber das muss nichts Schlechtes bedeuten. Außerdem standen hier früher Kühe auf der Hauswand. Ja, Kühe. Hochkant.

Innen sieht das Lokal nur ein bisschen spleenig aus. Mobiliar aus den 50er und 60er Jahren, darunter hübsche Tütenlampen, und kein bisschen angebrannt. Der Tresen ist toll, ein wuchtiges, hölzernes Monstrum, geschwungen und mit einem footrail verziert. An der Decke über dem Tresen hängt ein größeres Gestell, das an die Drängelgitter der Polizei erinnert. Über der Treppe zum Keller sind orange schimmernde Leuchtbuchstaben an die Tapete drapiert. In einer amüsanten Kombination: Oben steht Z, es folgt ein Freiraum, dann kommt K. Unter der Lücke ziehen sich abwärts U und R. So liest man ZUR KUR in einer äußerst sparsamen Variante.

Das Scotch & Sofa ist ziemlich verschachtelt, von Erdgeschoss und Keller kann man noch Zwischen- und Hochebenen erklimmen. Neben dem Tresen steht ein Schwarz- Weiß-Fernseher, auf dem Bildschirm ist allerdings nur das zu sehen, was die Videokamera im halben Raum mit dem Kicker zwischen Parterre und Keller aufnimmt. Merkwürdiger Gag. Aber insgesamt ein nettes Studentenkneipen-Ambiente mit entsprechendem Publikum, vor allem aus den umliegenden Youth Hostels.

Der drinking man setzte sich in ein Sofa und bestellte, irgendwie zwingend, einen Cocktail mit Scotch. Der Churchill (außer Scotch auch Martini Rosso, Triple Sec und Zitronensaft) war so stark wie sein Namensgeber, bekanntlich einer der härtesten Steher der Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Es folgte ein Gin Fizz, der gut war und schmeckte. Der etwas später eingetroffene compañero bestellte einen Hurricane – leider nur ein Stürmchen und dann noch zu warm.

Ins Scotch & Sofa geworfen zu sein ist dennoch nicht das schlimmste aller Existenzialistenschicksale. Würde der drinking man um die Ecke wohnen, käme er garantiert öfter vorbei. Und würde auf einen Hurricane pochen, der jedes Sofa wegpustet. Frank Jansen

Scotch & Sofa, Kollwitzstraße 18, Prenzlauer Berg, Tel.: 44 04 23 71, täglich geöffnet ab 19 Uhr

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