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THEKEN Tanz: Yesterday

Manchmal lässt sich der drinking man auf kleine Eskapaden ein. Da kommt beispielsweise ein Kollege und empfiehlt euphorisch eine Lokalität, die allerdings nicht unbedingt eine Weihestätte der Cocktailkultur zu sein scheint.

Von Frank Jansen

Manchmal lässt sich der drinking man auf kleine Eskapaden ein. Da kommt beispielsweise ein Kollege und empfiehlt euphorisch eine Lokalität, die allerdings nicht unbedingt eine Weihestätte der Cocktailkultur zu sein scheint. Eine Kneipe mit Flower- Power-Ambiente und dem Sound der 60er, 70er und 80er. Das könnte, rein theoretisch natürlich, ein anstrengendes Alt-Hippie-Biotop mit wenig gepflegten Getränken sein. Aber das weiß man ja erst, wenn man drin war. Na denn.

Von außen wirkt das markant illuminierte „Yesterday“ wie eine nette, harmlose Zapfstelle für Studenten. Innen wird dann doch etwas mehr geboten. Man könnte auch sagen: Das klassische nette harmlose studentische Zapfstellenambiente wird derart auf die Spitze getrieben, dass einem nichtstudentischen Besucher eigentlich nur die Wahl bleibt zwischen Entzücken und abrupter Flucht.

Gleich neben dem Eingang ragt auf einem Poster Doors-Sänger Jim Morrison guruartig aus einem poppigen Flammenmeer heraus. Weniger sakral wirkt der ebenfalls im Vorraum postierte Kicker, in ihm strahlen kleine weiße Neonröhren die Tore an. Spielerisch geht’s weiter in der zentralen Besucherhöhle. Einige Tische sind mit größeren, achteckigen und elektronisch aufgepeppten Mensch-ärgere-dich-nicht-Platten drapiert. Die auch zu bedienen sind. Sofern man sich vom Anblick der indisch anmutenden Patchwork-Wanddecken und der roten und gelben und grünen Lavalampen und der üppigen Nippes-Welt an der Decke und der beiden Schaufensterpuppen am Tresen losreißen kann. Und man nicht der Musik verfällt, die der erwähnte Kollege und Yesterday-Guide des drinking man als „pure Ladung Glück“ empfand. Zu hören waren unter anderem Depeche Mode, Marc Almond, Tom Jones sowie – Heinz Rühmann, „ich brech’ die Herzen der stolzesten Frauen“.

Die Getränkekarte verspricht Cocktails aus mehreren Jahrzehnten. Der drinking man und der compañero bekamen einen Big Mac Daddy (Bourbon, Amaretto, Cranberrysaft), der angeblich den 50er Jahren entstammt, obwohl McDonald’s erst 1968 den Doppelstockburger auf den Markt geworfen hatte. Der Daddy gab sich übrigens eher sanft, schön erfrischend hingegen erschien der Desert Healer (Gin, Cherry Heering, Zitronensaft). Es folgten ein etwas schlapper Mojito und ein Kir Royal, der selbst den enthusiastischen Yesterday-Fan an der Seite des drinking man konsternierte: Der Cocktail war blau. Blau!

Das hat man von seiner Lust an Eskapaden. Aber Heinz Rühmann war wirklich ergreifend. Frank Jansen

Yesterday, Schönhauser Allee 173, Prenzlauer Berg, Tel.: 23 13 92 74, dienstags bis sonntags ab 20 Uhr

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