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Nofretete

© dpa

Umzug: Nofretete ist wieder in ihrem Revier

Die stolze Königin kehrt nach Hause zurück: Nofretete ist heimlich ins Neue Museum umgezogen. Um Diebe zu irritieren, rollten Kopien durch Berlin.

Heimlich, still und leise hat die Nofretete am Sonntag ihre Wohnung im Alten Museum verlassen und ist umgezogen. Neuer ständiger Wohnsitz ist der Nordkuppelsaal im benachbarten Neuen Museum, hier bleibt die Schöne und zeigt sich ab 17. Oktober dem Volke. Dazu wird das neue Glanzstück der Museumsinsel offiziell eröffnet, und Nofretete kann sagen: Ich bin endlich wieder zu Hause. An diesem Ort weilte sie nämlich bis zum Jahre 1943, dann begann eine weitläufige Odyssee.

Die Büste der stolzen Königin, die am 6. Dezember 1912 in Achet-Aton (bei der heutigen Stadt Amarna) gefunden und seit 1913 im Neuen Museum ausgestellt wurde, musste mit vielen anderen Objekten des Ägyptischen Museums aus Schutz vor den verstärkten Bombenangriffen auf die „Reichshauptstadt“ ausgelagert werden. Sie kam in die Tiefe der Saline Kaiseroda im Harz. Dort wurde sie 1945 wie viele andere Objekte der Staatlichen Museen zu Berlin von amerikanischen Truppen beschlagnahmt. All diese konfiszierten Kunstgüter kamen zunächst nach Frankfurt/Main, danach in ein Zentrallager im Wiesbadener Landesmuseum. Dort wurden die Objekte 1952 in einer Sonderausstellung präsentiert. Vier Jahre später ging Nofretete wieder auf Reisen, diesmal aber schon an ihren alten Heimatort Berlin. Zunächst stand die Alt- und Neu-Berlinerin im Museum in Dahlem, ab 17. Oktober 1967 wurde sie für lange Zeit zum Star im Ägyptischen Museum im östlichen Stülerbau gegenüber dem Charlottenburger Schloss.

Auch hier ging die Zeit der ewig jungen, nie alternden einäugigen Schönheit eines Tages zu Ende. Berlin war wieder eine Stadt geworden, Charlottenburg verlor im Februar 2005 die Attraktion aus edel geformtem Kalkstein an die neue Mitte – es ging ins Kulturforum am Potsdamer Platz. Aber wie verlief der Umzug, diese Nacht-und-Nebel-Aktion? Niemand verriet, wie Direktor Dietrich Wildung Ihre Majestät ins Kulturforum transportierte: Schwamm sie geheimnisvoll auf dem Wasserweg? Kam der Ägyptische Botschafter mit der schwarzen Limousine? Oder kamen gleich mehrere Autos, um die kosmetisch zart bemalte Damenbüste aus Kalkstein mit Gipsauflage unerkannt von A nach B zu bringen? Es hätte auch die BVG sein können oder die S-Bahn – Professor Wildung mit Handschuhen und Nofretete im Gepäck. Die Wahrheit war ganz prosaisch: Vier Männer trugen eine 40 Kilo schwere klimatisierte Kiste mit der 48 Zentimeter hohen, speziell mit Schaumstoff ausgepolsterten Büste in einen Lieferwagen, vorsichtshalber war man überdies noch mit einigen Kopien durch die Stadt gerollt. Keine Polizei, nur die Museumsleute als Chefs der einäugigen Königin mit dem Schwanenhals, Berlins Mona Lisa.

Und diesmal? Wieder keine Securitas-Eskorte von der Firma Körting & Co., aber Nacht und Nebel, jedenfalls zu einer Zeit, als der Sonntagstrubel samt Riesen-Spaß längst vorüber war. Es ging durch die Hintertür, nicht über die einer Königin würdigen Freitreppe zum Lustgarten. „Man musste ja praktisch nur über die Straße gehen“, sagt ein Insider geheimnisvoll, „sie wurde getragen, unsere Nofretete“. Also doch mit der Sänfte, aber ganz unauffällig. Obwohl sie diesmal den Triumphmarsch aus Aida verdient hätte. Lothar Heinke 

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