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Verbraucherschutz: Delicious-Aktion schmeckt Juristen gar nicht

Für 9,99 Euro können Internetspieler ein Kreuzberger Café gewinnen. Experten warnen vor dem Angebot.

Juristen und Verbraucherschützer warnen vor dem Internet-Spiel, bei dem Teilnehmer ein Café in Kreuzberg für 9,99 Euro gewinnen können. „Die Sache stinkt zum Himmel“, sagt Joachim Rosseburg vom Verein „Pro Verbraucherschutz Brandenburg“. Er vermutet Abzocke und will eine Strafanzeige wegen versuchten Betrugs und Glücksspiel einleiten. Er kritisiere in erster Linie die Bearbeitungsgebühr in Höhe von 5,99 Euro. Werde die Mindestanzahl von Spielern nicht erreicht, streichen die Betreiber mehrere Tausend Euro ein, können das Café aber behalten, so Rosseburg.

Wie berichtet, kann das „Delicious“ in der Friedrichstraße 226 online erspielt werden. Der Teilnehmer zahlt einen Beitrag in Höhe von 9,99 Euro und muss acht Rechenaufgaben lösen. Das Computersystem stoppt die Zeit – wer nach Ende der Aktion der schnellste war, bekommt den Zuschlag für die Immobilie im Gesamtwert von rund 200 000 Euro.

Die Ausspielung des „Delicious“ findet laut seiner Betreiber Arkadiusz P. und Markus B. allerdings nur statt, wenn mindestens 10 000 Menschen teilnehmen. Wird diese Zahl nicht erreicht, verbleiben pro Spieler 5,99 Euro bei den Initiatoren. Zwei Wochen vor Ablauf der Aktion werde die Mitspielerzahl auf der Website veröffentlicht. Eine Kontrollinstanz gebe es nicht.

Auf die Vorwürfe reagierte der Gastronom Markus B. gelassen. Die Gebühr sei gerechtfertigt: „Wir haben viel Geld in die Spielentwicklung und juristische Beratung gesteckt.“ Zudem würden die Einnahmen versteuert. Von Abzocke will Markus B. nichts wissen. „Uns würde es nichts nützen, auf dem Café sitzen zu bleiben. Wir haben andere Pläne.“ Eine Beeinflussung der Ergebnisse und demnach eine mögliche Zuspielung des Cafés an Verwandte sei nicht möglich. „Das System läuft automatisch. Ich sehe lediglich, wer teilnimmt“, versichert Markus B.

Für Katrin Dittert, Berliner Expertin für Miet- und Wohneigentumsrecht, verstößt das Caféhaus-Gewinnspiel dennoch gegen mehrere Regeln. Zum Beispiel gegen das Transparenzgebot. Der Spieler könne aus den Teilnahmebedingungen kein rechtlich gesichertes Angebot ableiten. „Ich erfahre gar nicht, mit wem ich den Vertrag abschließen werde“, so Dittert.

Der Vermieter – also die Hausverwaltung – sei zudem nicht verpflichtet, den Gewinner in den Vertrag von Arkadiusz P. und Markus B. zu übernehmen. Die Anwältin wundert sich auch über die Formulierung „Pachtvertrag“. Das würde bedeuten, dass der Gewinner die Café-Ausstattung nur nutzen darf. Die Innenverwaltung hatte einen Verstoß gegen das staatliche Glücksspielmonopol ausgeschlossen, da bei der Entscheidung über den Gewinn nicht der Zufall, sondern die Fähigkeit, die Rechenaufgaben zu lösen, überwiege. Für Katrin Dittert ist das fraglich, denn über die Schnelligkeit entscheide auch die Internetleitung und die Serverleistung.

Ein weiterer Punkt, der geprüft werden müsse, sei ein möglicher Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag. Demnach darf für die Teilnahme an einem Gewinnspiel im Internet ein maximales Entgelt in Höhe von 50 Cent verlangt werden.

Die für das „Delicious“ zuständige Berliner Hausverwaltung zeigte sich am Dienstag überrascht. Sie habe von dem Spiel nichts gewusst. Ein Anwalt prüfe nun, ob die Aktion ein juristisches Nachspiel haben werde.

Ulrike Worlitz

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