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Rustikal. Caterer Klaus Peter Kofler öffnet kurz vor Beginn der Fashion Week sein temporäres Lokal. Die Ausstattung dafür stammt vorwiegend aus zweiter Hand.

© dapd

Restaurant auf Zeit: Vergänglicher Luxus

Klaus Peter Kofler öffnet am Montag sein „Pret à diner“-Restaurant in Mitte. Nach 35 Tagen ist aber schon wieder Schluss – ganz geplant.

Ein Sterne-Restaurant sieht anders aus. Hat nobel eingedeckte Tische. Gepolsterte Stühle. Edle Atmosphäre eben. Aber keine Bar aus alten Gemüsekisten, keinen Betonboden und keine nackten Heizkörper an der Wand. Ganz klar: Dieses Projekt wird den ersten Monat nicht überleben.

Gut, dass es das auch gar nicht soll. Denn „Pret à diner“ ist ein „Pop-up-Restaurant“, das am Montag an exakt 35 Tagen geöffnet sein wird und dann wieder verschwindet – für immer oder auch nur bis zum nächsten Aufpoppen. So etwas macht niemand zum Spaß und ohne eingespielte Mannschaft, und deshalb ist es kein Wunder, dass hinter der Idee der Frankfurter Luxus-Caterer Klaus Peter Kofler steckt, der immer ein paar Knalleffekte mehr als die Konkurrenten im Ärmel hat und sein jeweils aktuelles Programm schon seit Jahren unter dem Begriff „pret à diner“ präsentiert wie ein Modemacher seine neuen Kleider.

Das soll heißen: Essen ist Mode, und das nicht nur, weil am Mittwoch die Fashion Week beginnt. Kofler wird in diese Vision eines neuen Konzepts rund 600 000 Euro investieren und hofft, dass die täglich maximal 140 zahlenden Gäste ihm am Ende zu einer schwarzen Null helfen, „damit werde ich kein Geld verdienen, das ist Marketing“, sagt er.

Ein großer Teil der Summe ist in den Versuch geflossen, den großen Raum der alten Münzanstalt am Molkenmarkt wieder benutzbar zu machen – dazu musste beispielsweise erst einmal eine neue Heizung eingebaut werden. Dennoch sieht man, dass hier lange nichts passiert ist. „Das Leben dem Menschen, die Zukunft dem Kommunismus“ steht an der Wand, keine authentische Inschrift, nur eine Filmkulisse, aber Kofler findet es witzig, „da hängen wir eine blaue Leuchtschrift drüber, The paradise is here.“

Wie paradiesisch es hier wirklich zugeht, das hängt wesentlich von den drei Küchenchefs ab, die nacheinander sternwürdige Gerichte für wenig Geld anbieten sollen. Den Anfang macht Matthias Schmidt von Koflers besternter „Villa Merton“ aus Frankfurt am Main, dann folgen Bernhard Munding vom Berliner „Dos Palillos“ und Wahabi Nouri, der für seine Arbeit im Hamburger „Piment“ vom Gault–Millau zum „Koch des Jahres 2010“ ernannt worden war.

Das Schmidt-Menü ist bereits bekannt. Für 39 Euro gibt es drei Gänge: Saibling mit Kresse, Romanesco mit Fichtennadelpuder und Lamm mit Petersilie und Meerrettich; als vegetarische Alternative gelbe Bete mit Joghurt, Blumenkohl mit Schnittlauch, Esskastanien mit Topinambur – nur eine Übersetzung, denn die Kommunikation wird meist auf Englisch geführt, und da heißt das Lammgericht beispielsweise „A lamb gets lost in a horseradish snowstorm“, ein Lamm geht in einem Meerrettich-Schneesturm verloren.

Diesem Programm ist deutlich anzumerken, worauf der stets extrem modebewusste Kofler hinaus will. „Hummer, Kaviar, Foie gras, das gibt es hier nicht mehr.“ Die Küche der Zukunft, so meint er, werde vegetarisch sein, und er hat deshalb das zur Zeit besonders beliebte Rindfleisch mit Blick auf die negative Klimabilanz der Kuh an sich gestrichen. Das Restaurant soll sogar komplett klimaneutral sein, weil nur gebrauchte Möbel genutzt werden und das Tafelwasser aus der Leitung kommt. Zudem verordnet er den Köchen strikte Regionalität, orientiert an den Maximen der neuen skandinavischen Küche. Bei den Gewürzen ist er aber liberal, sonst wäre Nouri, der Nordafrika-Spezialist, wohl weggeblieben.

Kofler gilt schon lange als der bunte Vogel unter den deutschen Großversorgern. Der 46-jährige Betriebswirt und gelernte Konditormeister war ein erfolgreicher Springreiter, bevor er sein eigenes Unternehmen gründete und mit vielen Konventionen brach. „Zu den ganz Großen möchte ich nicht gehören“, sagt er unter Anspielung auf Käfer, den Platzhirsch, „Marmelade von Kofler wird es nicht geben“. Er hat sich auf dem umkämpften Markt mit effektvollen Aktionen Platz geschaffen, hat die Effekte der „Molekularküche“ auf Menge getrimmt, hat sich von Tim Raue asiatisch angehauchte Rezepte schreiben lassen und so den Ruf eines Buffet-Avantgardisten erworben.

In Berlin kennt er sich aus und vermisst hier das „Casual fine dining“, das gute Essen ohne Kellnerheere und überdrehte Preise – deshalb ist anzunehmen, dass das erste Pop-up nicht das letzte bleibt. Große Unternehmen hätten bereits Interesse signalisiert, sagt er. Sie wollten das Konzept beispielsweise nutzen, um Außenstehende in Produktpräsentationen einzubinden.

Ein solch schnelles Restaurant hat seine juristischen Tücken. Deshalb darf hier kein Gast einfach hineinmarschieren, sondern benötigt eine Einladung. Die gibt es per Anmeldung auf der Website www.pretadiner.com. Englischkenntnisse werden dort aber vorausgesetzt – allzu bequem soll das „Casual fine dining“ dann wohl doch nicht werden. Bernd Matthies

Alte Münze, Am Krögel 2, Mitte, bis 20. Februar.

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