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Stadtleben: „We need him really dringend“

Freudentränen, Jubel, Aufbruchstimmung: Wie Obamas Sieg auf Wahlpartys gefeiert wurde

Als gegen fünf Uhr morgens endlich feststand, dass Barack Obama tatsächlich der nächste Präsident der USA wird, hatte man das Gefühl, die lange beherrschten Gefühle schäumten über, die Aufbruchsstimmung in den USA übertrug sich auf das Berliner Publikum. Jubel, Begeisterungsschreie, Freudentränen, Umarmungen, und immer wieder „Obama“ und „Yes we can“-Rufe. Die meisten Besucher der Wahlpartys hatten sich einen Sieg von Obama gewünscht, dennoch begannen viele den Abend zurückhaltend, um bloß keine falschen Hoffnungen aufkommen zu lassen.

In der Telekom-Repräsentanz, wohin die US-Botschaft und der Tagesspiegel geladen hatten, bei Bertelsmann am Schloßplatz, bei Feiern der Auslands-Demokraten und Auslands-Republikaner, in mehreren Clubs und an den Universitäten: Im Laufe der teilweise zwölfstündigen Partys feierten tausende Berliner und Berlin-Besucher die Wahl in den USA. Vor allem im überfüllten Kino „Babylon“, wo die „Democrats abroad“ die größte Pro-Obama-Party veranstalteten, gab es grenzenlosen Jubel und tanzten die Menschen auf den Bänken.

Als sich das Ergebnis gegen Ende der Nacht abzeichnet, kann es Gayle Tufts, wie viele, noch nicht glauben. „Ich bin sehr, sehr happy“, ruft die deutsch-amerikanische Entertainerin. Hätte McCain gewonnen, wollte Gayle Tufts ihre amerikanische Staatsbürgerschaft gegen die Deutsche eintauschen, hatte sie vorher gesagt. Ob der Demokrat ihr politisch gespaltenes Heimatland versöhnen kann, wird Sängerin Helen Schneider in der Telekom-Zentrale in Mitte gefragt. „Das hoffe ich. We need him really dringend“, sagt sie und klingt für einen Moment wie Dinglisch-Erfinderin Gayle Tufts.

Wie groß die Hoffnungen sind, die Barack Obama auslöst, ist auf den Berliner Wahlpartys überdeutlich. Bis auf wenige, einzelne Republikaner-Sympathisanten gibt sich in dieser Nacht kaum jemand als Anhänger McCains zu erkennen. „Die Erwartungen sind enorm“, sagt Gary Smith, Direktor der American Academy. „Ich erwarte einen großen Wechsel in Amerika, einen grundlegenden Wandel, für den Barack Obama steht“, sagt Gunter Pleuger, der frühere Botschafter Deutschlands bei den Vereinten Nationen, der jetzt Präsident der Viadrina-Universität in Frankfurt (Oder) ist.

Die Grünen-Chefin Claudia Roth jubelte für Obama und schlug mit Pathos gleich die Brücke über den Atlantik an die Spree: Es gebe keine Stadt in Deutschland, die die deutsch-amerikanische Freundschaft besser fühle als Berlin. Zudem seien ihre Eltern von Kennedy geprägt, sie selber von Woodstock und Janis Joplin. Michael Naumann, ehemaliger Kulturstaatsminister und Spitzenkandidat der Hamburger SPD, lobte die Wahlkampagne Obamas. „Sie war geprägt durch das Internet. Das hat er wirklich genial gemacht.“ Und Sänger Max Raabe ergänzt: „Als Unterhaltungskünstler bin ich auf beiden Seiten des Atlantiks tätig. Man hat sich immer gegenseitig befruchtet. Deswegen bin ich als Europäer wahnsinnig daran interessiert, dass es Amerika gut geht.“ Bi, lvt, rik, rni

Mehr zur US-Wahl: www.tagesspiegel.de/US-Wahl

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