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Riesenrad

© G. Peters

Weihnachtsmärkte: Im Kreise seiner Lieben

Auf den Weihnachtsmärkten stehen immer öfter hell erleuchtete Riesenräder. In den Gondeln kann die Familie das Beisammensitzen an Heiligabend üben.

Auf Weihnachtsmärkten gibt’s weit mehr als nur heißen Glühwein und hübsche Bastelständchen. Der Trend geht hin zu weniger besinnlichem, aber fröhlichem Winterspaß wie Rodelbahn und Karaokesingen. Markant sind vor allem die leuchtenden Riesenräder über den Dächern der Weihnachtsbuden. Es ist das ideale Gefährt, um sich auf das Weihnachtsfest einzustimmen, das Riesenrad ist quasi ein Weihnachtssimulator. Denn so wie mit der festlichen Gefühlslage angesichts von persönlichem Jahresrückblick und Nahkampfsituation mit Familie geht es beständig auf und ab und dreht sich dabei immer wieder langsam im Kreis.

Hervorzuheben ist in diesen Tagen besonders das Riesenrad auf dem nostalgischen Weihnachtsmarkt am Opernpalais Unter den Linden. Das Rad ist nämlich hundert Jahre alt und damit beinahe ein Zeitgenosse des ersten modernen Riesenrads der Welt, das von dem Brückenbauer George Ferris anlässlich der Weltausstellung in Chicago 1893 gebaut wurde. Zwar gab es schon im 17. Jahrhundert kleinere Vorläufer des Riesenrads auf Jahrmärkten in Bulgarien, Russland und der Türkei. Das 80 Meter hohe „Ferris-Wheel“ war aber eine technische Sensation im Stahlbau und galt als höchst modern, denn der Blick aus der Vogelperspektive griff optisch bereits das Zeitalter der Flugzeuge voraus und markierte den Anspruch des Menschen auf die Welt – nicht mehr nur zu Lande und zu Wasser, sondern auch in der Luft.

Das Riesenrad ist aber mehr als nur ein sich drehender Aussichtspunkt. Es simuliert auch das Sinnieren vorm kerzenfunkelnden Weihnachtsbaum: Während man still dasitzt, zieht die Welt an einem vorbei wie das Jahr, das hinter einem liegt. Und die Familie kann in einer Kabine auch das Gegenübersitzen an der weihnachtlichen Festtafel üben. Begleitet von Glühweingenuss lässt sich das nicht nur aushalten, es macht am Ende sogar Spaß, besonders in den Abendstunden, wenn die geschmückten Buden am Boden glitzern und der Duft von allerlei Süßigkeiten langsam hinaufsteigt.

Riesenräder haben schon immer fasziniert und werden auch weiterhin begeistern. Vor wenigen Tagen erst hat der Bau des „Great Berlin Wheel“ begonnen mit einem symbolischen Spatenstich. Die Erbauer des 185 Meter hohen Rads sprechen nicht mehr von Fahrt, sondern von „Flug“. Und wenn das Rad im Jahr 2009 fertiggestellt ist, wird es Wien mit seinem 65 Meter hohen Stadtwahrzeichen und London mit seinem 135 Meter hohen Riesenrad „The London Eye“ in den Schatten stellen und das zweithöchste Gebäude Berlins sein nach dem Fernsehturm mit 368 Metern (gut, der Fernmeldeturm Schäferberg in Wannsee ist 212 Meter hoch, aber der ist ja eher eine massiv erbaute Antenne).

Allerdings wird die Fahrt in diesem Riesenrad am Zoo nicht sehr besinnlich sein, nicht einmal zur Weihnachtszeit. Das Rad wird den kleineren Riesenrädern auf den Weihnachtsmärkten kaum Konkurrenz machen. Das Ambiente mit leckerem Glühwein, buntem Festschmuck und gebrannten Mandeln gibt es nur dort.

Riesenräder in Berlin stehen auf den Weihnachtsmärkten am Alexanderplatz, am Opernpalais Unter den Linden und am Schloßplatz sowie auf dem Gelände der Hessischen Landesvertretung am Potsdamer Platz.

Lu Yen Roloff

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