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Wiedereröffnung: Die Nikolaikirche: Wie neu erschaffen

Die Nikolaikirche, Berlins ältestes Gotteshaus, wurde zwei Jahre lang saniert. Überwältigend schön strahlt nun wieder das mittelalterliche Bauwerk. Am Sonntag wird die Kirche, die inzwischen ein Museum ist, wiedereröffnet.

Der erste Eindruck beim Betreten der sanierten Nikolaikirche ist überwältigend: Frisch, farbig, wie neugeboren, wirken die himmelsstürmenden Pfeiler der weiträumigen, 15 Meter hohen gotischen Halle. Durch den Altarraum fliegen die Engel, ehrfürchtig blicken wir auf die personifizierten Tugenden: Demut, Glauben, Liebe, Hoffnung, Treue und Geduld als Vorbilder für christliches Leben. Und über allem schwebt Jesus am Kreuz, mit speziellen Strahlern beleuchteteter Mittelpunkt, unerreichbar, überirdisch. „Ja, es ist zum Niederknien schön“ sagt die Architektin Christina Petersen. Und dennoch: Es ist ein Museum. Vielleicht ein Museum in der festlichen, unweltlichen Hülle einer Kirche. Also beides.

Nach zweijähriger Bauzeit wird das älteste Gotteshaus der Stadt am morgigen Sonntag um 15 Uhr feierlich wiedereröffnet. Die Sanierung hat fast vier Millionen Euro gekostet. Der Fußboden war wellig geworden, man ersetzte ihn auf 1200 Quadratmetern mit neu verlegten rötlichen Terrakottafliesen aus der Märkischen Keramikmanufaktur in Reichow. Dreitausend Quadratmeter Wand- und Gewölbeflächen wurden restauriert, insgesamt 350 Meter Risse in den Wänden und Gewölben saniert und neue vertikale Leuchten als Lichtbänder installiert.

Das Stadtmuseum würdigt mit seiner neuen Ausstellung sowohl den Kirchenort als auch den ältesten Teil der Stadt, die Nikolaikirche ist ja mit ihren Doppeltürmen das herausragende Zeichen des Nikolaiviertels, „ihr Herzstück“, wie Senatorin Ingeborg Junge-Reyer gestern sagte, „das mitten in der Stadt jetzt wieder einen ansprechenden Raum bietet, der dazu einlädt, die Geschichte Berlins zu erforschen“. Kurator Albrecht Henkys hat die eindrucksvolle räumliche Wirkung des ältesten erhaltenen Berliner Bauwerks nicht durch zusammengewürfelte Objekte beeinträchtigt, sondern die Innenseiten der Außenmauern, Grabkapellen und Erker behutsam für sieben „Themeninseln“ genutzt. Das Denkmal Nikolaikirche und dessen Geschichte seit Existenz der einstigen Basilika in der Mitte des 13. Jahrhunderts steht quasi im Mittelpunkt, eindrucksvoll sind die Erbbegräbnisstätten. 1819 fand die letzte Bestattung im Kircheninnern statt, ein Adliger zahlte für eine Grabstelle 50 Taler, eine „alte Person“ nur 30. Es gibt viel Interessantes zu lesen auf den zweisprachigen Schrifttafeln, auch hier haben die neuen Medien Einzug gehalten: Eine Berührung – und schon erscheint die ganze Historie des Viertels, auch, wie die Kirche nach ihrer völligen Kriegszerstörung zur 750-Jahr-Feier der Stadt 1987 wiederaufgebaut wurde und wie damals die Türme auf St. Nikolai kamen.

Die Kirche lebt seither von Leihgaben, die Kanzel stammt aus dem Franziskanerkloster, das Triumphkreuz aus der Marienkirche. Das Taufbecken wurde, wie die ganze Kirche, zum letzten Mal im Jahre 1939 benutzt. Auch auf der Empore neben der Orgel gibt es „Hörstationen“ und Leseplätze. Der Besucher, der neuerdings fünf Euro Eintritt zahlen muss, wird in etwa 45 Minuten mit seinem Audioguide durch die heilige Halle geführt, dabei blickt er in die „Beyersche Gruft“ mit einem Münzschatz aus dem Turmknauf. Man sieht in einer archäologischen Grube die Grundmauern der einstigen spätromanischen Basilika, und gleich daneben gestaltete die Kunsthistorikerin Claudia Wasow-Kania auf Ledertafeln gedruckte Texte zum Liederdichter und Prediger Paul Gerhardt. Der stand hier ab 1657 zehn Jahre lang auf der Kanzel und dichtete insgesamt 139 Lieder. Nun denn: „Geh aus mein Herz und suche Freud’.“

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