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Stadtleben: Willkommen in Halliwood

Christopher Plummer spielt Leo Tolstoi fürs Kino, Helen Mirren die Ehefrau Sie drehen in Sachsen-Anhalt und Brandenburg – und werben in Berlin

Neulich war Helen Mirren noch die Queen. Und jetzt? „Als ich gestern in den Spiegel geguckt habe, sah ich aus wie meine Großtante auf den alten Fotos aus Russland“, sagt die britische Schauspielerin. Sie ist an diesem Freitagmorgen in die Landesvertretung von Sachsen-Anhalt an der Luisenstraße in Mitte gekommen. Denn am Montag beginnen die Dreharbeiten für ihren neuen Film – in Deutschland. Und am Donnerstag war die fünfstündige Kostümprobe in Berlin. Helen Mirren ist da zum ersten Mal in ihre neue Rolle geschlüpft: Die Ehefrau des russischen Schriftstellers Leo Tolstoi, um dessen Lebensende es in dem Film „The Last Station“ gehen wird. Und die Tolstoi-Gattin Sofia Adrejevna sah plötzlich aus wie Helen Mirrens Großtante, die zur Zeit der Revolution in Russland zurückblieb, als die Familie nach England auswanderte. Als Helen 1945 geboren wurde, nannten ihre Eltern sie noch Elena Vasilievna Mironova.

Die Reise zu ihren russischen Wurzeln wird sie aber längst nicht so weit nach Osten führen, wie man denken könnte. Erst einmal wird in Brandenburg gedreht, später dann in Halle, in Sachsen-Anhalt. Grund genug, in der Vertretung des Bundeslandes in Berlin schon mal Werbung für den Film zu machen, der 2009 anlaufen wird. Gleich ein Dutzend Menschen sitzen zu diesem Zweck hinter Mikrofonen und Namensschildern im Saal „Dessau“ in der Landesvertretung. Vier der Schauspieler, neben Mirren auch Christopher Plummer, der Tolstoi spielt, James MacAvoy und Anne-Marie Duff. Michael Hoffman werde durch den Film vom Hollywood- zum „Halliwood-Regisseur“, kalauert Chris Curling, einer der beiden Produzenten. Er selbst könne auf Deutsch nur einen einzigen Satz: „Ick bin ein Hallenser.“ Jens Meurer, der zweite Produzent, fühlt sich wie ein „sehr nervöser Vater kurz vor der Geburt“. Und Staatsminister Rainer Robra (CDU) sagt ein bisschen ergriffen, wie privilegiert Sachsen-Anhalt sei, weil es Teil des Filmprojekts sein dürfe.

Dumm nur, dass der Name seines Bundeslandes so ein Zungenbrecher ist – zumindest für Briten: „Ich kann das Wort immer noch nicht richtig aussprechen, sage aber wenigstens nicht mehr ,Sexy Unhold‘ wie am Anfang“, sagt Helen Mirren lachend. Aber auch Russisch fällt ihr anscheinend nicht ganz leicht: Sie stolpert über „Dostojewski“, als sie erzählt, dass sie statt Tolstois Werken lieber andere russische Schiftsteller als Vorbereitung auf die „Leidenschaft, die Verrücktheit der russischen Gefühlslage“ lesen wolle. Noch hat sie aber nicht damit angefangen. „Normalerweise beginnen wir Schauspieler aber auch mit Recherche erst kurz vor der Premiere “, sagt ihr Filmgatte Christopher Plummer, der zuletzt im „Haus am See“ und im Spike- Lee-Streifen „Inside Man“ zu sehen war.

„The old Boy“ nennt Plummer Tolstoi schon ganz vertraut. Es sei aber auch etwas „terrifying“ einen solchen Schriftsteller darzustellen. „Das Einzige, was mich tröstet: Ein Genie ist gar nicht in der Lage, in die Rolle eines anderen Genies zu schlüpfen. Es ist also nicht so schlimm, dass hier ein Idiot ein Genie spielt“, sagt Plummer und grinst gleichzeitig so frech, dass man ihm die Selbstkritik nicht glaubt. Fast hätte er heute hier neben Meryl Streep gesessen, doch die hat die Rolle der Tolstoi-Gattin abgelehnt. „Meryl, das war ein großer Fehler“, sagt Helen Mirren.

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