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STADTMENSCHEN: Whisky, Western, Weltmeister

„Hörste mir überhaupt zu, mein Junge?“ Millionen Zuschauer kennen die krächzende, berlinisch untermalte Stimme und das Gesicht mit der krummen Nase dazu: Ulli Wegner, wie er sich in der Ringecke zu seinem Boxer hinunterbeugt, ihm tief in die Augen schaut, in der linken Hand den Mundschutz, in der rechten das Handtuch.

„Hörste mir überhaupt zu, mein Junge?“ Millionen Zuschauer kennen die krächzende, berlinisch untermalte Stimme und das Gesicht mit der krummen Nase dazu: Ulli Wegner, wie er sich in der Ringecke zu seinem Boxer hinunterbeugt, ihm tief in die Augen schaut, in der linken Hand den Mundschutz, in der rechten das Handtuch. Ulli Wegner, der gar kein echter Berliner, sondern einer aus Leidenschaft geworden ist, einer der erfolgreichsten deutschen Boxtrainer überhaupt. Er machte Weltmeister. Aus Ottke, Beyer, aus Abraham oder Huck. Ein Weltmeistermacher aus Berlin.

Am Donnerstag wird der Mann 70 Jahre alt. Gefeiert wird in einem Hotel in Siemensstadt, gelegen zwischen seinem Wohnort Tegel und seiner Arbeitsstätte, dem Max-Schmeling-Gym im Hinterland des Olympiastadions. Ein paar hundert Gäste sind geladen – eine illustre Gesellschaft aus Sport, Politik und Show.

Wegner, das Kriegskind, Jahrgang 1942, geboren in Stettin, vertrieben, Kindheit im mecklenburgischen Penkun. Fünf Kilometer Fußweg zur Schule. Zwischendrin Kühe hüten und Fußball spielen. Eine Lehre zum Traktorenschlosser, anschließend zur Marine nach Rostock. Später ein Sportstudium. Boxen in Gera und als Trainer in Berlin, beim legendären TSC. Landestrainer, Bundeshonorartrainer. Wahnsinnig viel Erfolg bei Olympia und Weltturnieren. 1996 wechselt er ins Profilager. Und hat noch mehr Erfolg. „Millionen Ossis mussten neu anfangen, ich Ossi durfte als Boxtrainer weiterarbeiten. Das war besser als sechs Richtige im Lotto“, hat er mal dazu gesagt.

Früher im Osten lebte er in der Zingster Straße, Hohenschönhausen, seit 2004 in einem Bungalow in Tegel. Nichts Überkandideltes, aber schmuck, ruhig, was Eigenes halt. Ein alter Traum, den er eigentlich in Müggelsee sah. Nun also nahe dem Tegeler See. Auch schön, nur leider ist er viel zu viel unterwegs, immer noch, geboxt wird viel und fast überall. Manches Mal kommt er sich wie ein Gast im eigenen Zuhause vor, wie er in seinem Buch geschrieben hat: „Mein Leben in 13 Runden“, frisch auf dem Markt. Lesenswert, weil offen und reich an Anekdoten. Wie die von Onkel Paul aus West-Berlin, der gar nicht sein Onkel ist. Mit Paul zieht er in den 50er und Anfang der 60er Jahre durch Kreuzberg und andere Billigfilm-Spelunken West-Berlins und frönt seiner Leidenschaft: Westernfilme.

Wegner ist John-Wayne-Fan. Seine Leidenschaft hat die Trennung überdauert, wie die zum Boxen und zu Berlin. Heute ist das sein Hobbykeller, der ist voll von Bildern und Filmplakaten mit seinem Idol und Boxen, darunter ein Foto von Schmelings letztem Kampf in Berlin 1948 gegen Riedel Vogt, und über 100 Whisky-Flaschen. Das logische Getränk für einen Western-Fan. Alles Präsente aus vielen Jahren, die er aus Achtung nicht öffnen mag. „Ich kriege es irgendwie nicht fertig.“ miro

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