zum Hauptinhalt

Stadtplanung: Senat baut an der Zukunft des ICC

Eine behutsame Sanierung gilt als wahrscheinlichste Variante für das Kongresszentrum. Heute soll eine Vorentscheidung fallen.

„Ecbatane“ ist kein gutes Omen für das ICC. Seit Jahren rostet der Koloss, der zum Vorplatz des Kongresszentrums gehörte, auf dem Messegelände gegenüber. Wann die Skulptur repariert und aufgestellt wird, ist wegen Geldmangels offen. Offen wie – noch – die Zukunft des ICC.

Vermutlich heute Abend aber wollen Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) zumindest Weichen stellen. Sie reden über drei neue Gutachten zum ICC. Das Thema ist Zündstoff in der rot-roten-Koalition, weil der Wirtschaftssenator einen Neubau will, wenn er sich als wirtschaftlichste Variante herausstellt, woran er kaum zweifelt, die Linke überhaupt eher zum Abriss tendiert und einen Neubau auf dem Deutschlandhallen-Gelände befürwortet. Wie die FDP. Die SPD neigt dazu, das fast 30 Jahre alte ICC zu sanieren, und wird dabei unterstützt aus Reihen der CDU und der Grünen.

Alle sind sich einig, dass das Internationale Congress Centrum auf Dauer so wie bisher nicht genutzt werden kann. Auf annähernd 150 Millionen Euro werden die Sanierungskosten geschätzt, so berechnete es jedenfalls das Architekturbüro GMP (Gerkan, Marg und Partner). Rund fünf Jahre könnte die Sanierung dauern, der nötige Umbau einiger Säle noch einmal 70 Millionen Euro kosten. Mindestens. Die Schätzungen sind drei Jahre alt. Das Architekturbüro hatte gleichzeitig Planungen für ein neues Kongresszentrum auf dem Gelände der denkmalgeschützten Deutschlandhalle vorgelegt, als Baukosten waren Summen zwischen 65 und 75 Millionen Euro im Gespräch.

Über die neuen, unabhängigen Gutachten und die Aussichten für das ICC wollten sich die Senatsstellen gestern nicht äußern. Dazu sei die Zeit noch nicht reif. Auftraggeber für die Gutachten war die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Ein Abriss des ICC – schon seit 2000 diskutiert und vermutlich rund 30 Millionen Euro teuer – ist aber nach Auskunft der Messe Berlin in den nächsten Jahren angesichts der ausgebuchten Veranstaltungen gar nicht möglich, eher eine Sanierung bei laufendem Betrieb wahrscheinlich. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Jahnke, glaubt, dass die Gutachten in Richtung „behutsame Sanierung“ gehen.

Die Messe drängt darauf, dass der Senat nun zügig klärt, ob das ICC saniert wird oder ob es einen Neubau gibt. Messe-Chef Raimund Hosch könnte mit beiden Varianten leben, macht aber deutlich, dass sich das ICC trotz seines internationalen Ansehens allein wirtschaftlich nicht betreiben lässt – auch nach einer Sanierung. Die jährlichen Unterhaltungskosten (14 bis 16 Millionen Euro) überstiegen den Umsatz. Das Bauwerk habe zu viel tote Flächen. Der Senat müsse jetzt wirtschaftlich oder politisch entscheiden. Ihm gehörten die Immobilien, „wir sind nur die Betreiber“. Auch ein Verkauf war immer wieder im Gespräch oder die Nutzung als Einkaufszentrum, beispielsweise als Möbelhaus.

Die Gutachten sollen noch in diesem Monat im Beteiligungs- und im Wirtschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses behandelt werden, im Frühjahr wird eine endgültige Entscheidung erwartet – womit auch gleich mehr Klarheit über die Deutschlandhalle und den Neubau einer Eissporthalle an der Glockenturmstraße entstehen dürfte.

„Ecbatane“ bleibt auf dem Abstellgleis. Dabei hat die Skulptur einen frohen Untertitel: „Der Mensch baut seine Stadt.“

Christian van Lessen

Zur Startseite