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Berlin: Stadtschloss: Redet Stolpe die Kosten klein?

Eine Architekten-Gruppe behauptet, der Bundesbauminister verschweige die technischen und finanziellen Risiken des Neubaus

Die Behauptung von Bundesbauminister Manfred Stolpe (SPD), dass der Neubau des Stadtschlosses machbar ist, sei Schönfärberei. Das sagt eine Gruppe Berliner Architekten namens „Urban Catalysts“. Stolpe habe nicht alle wesentlichen Fakten auf den Tisch gelegt. Mit gutem Grund habe der Minister eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie bisher streng geheim gehalten. Dem Tagesspiegel liegt das Papier vor.

Die Architekten werfen Stolpe vor, er habe gravierende Kosten und Risiken des Projekts nicht benannt. Zudem seien einfache, aber notwendige Prüfungen nicht durchgeführt worden. Die Machbarkeitsstudie weise sogar auf einige dieser Probleme hin, Stolpe aber verschweige sie.

„Die Studie gibt keinen Anlass, den Schlossneubau so optimistisch zu sehen, wie es Herr Stolpe jüngst verkündet hat“, sagte gestern der Architekt Philipp Oswalt. So sollen zum Beispiel die Tiefgeschosse des geplanten Humboldtforums bis zu acht Meter ins Grundwasser reichen. „Das ist ein erheblicher bautechnischer Aufwand, dessen Kosten noch gar nicht abzusehen sind.“ In der Machbarkeitsstudie ist von „Risiken“ die Rede, die das Konzept „gefährden könnten“. Als Beispiel nennen die Studien-Autoren die geplante Verlängerung der U-Bahnlinie 5. Es sei nicht klar, ob deren Tunnel die Last des Schlosses überhaupt tragen können. Das zu überprüfen sei „zwingend geboten“ – aber eben nicht passiert.

Oswalt sagte dazu, es sei „unseriös, wenn ein Bauminister bei einem Projekt dieser Dimension so simple wie grundlegende Fragen nicht klärt“.

Zudem vermissen die Architekten mehr Offenheit bei den Gesamtbaukosten. In den veranschlagten rund 670 Millionen Euro seien wesentliche Punkte nicht mehr berücksichtigt: jene für den Abriss des Palastes der Republik etwa – die Schätzungen bewegen sich zwischen 20 und 60 Millionen Euro – und die Kosten für Abwasser-, Trinkwasser- und Stromleitungen. Wie viel teurer der Neubau damit würde, konnte Oswalt gestern nicht sagen. Wohl aber, dass die Kritiker das von Stolpe bevorzugte Finanzierungsmodell einer öffentlich-privaten Partnerschaft für das Schlossprojekt bezweifeln: Die Autoren der Machbarkeitsstudie empfehlen dieses Modell, schränken aber ein, dass sie eine detaillierte Prognose für das Areal nicht treffen könnten. „Tatsächlich liegen die Kosten letztlich ausschließlich bei Bund und Land“, meinte Oswalt.

Ein Sprecher Stolpes lehnte gestern eine Stellungnahme zur Kritik der Architekten ab. Diese Fragen müssten die Baufachleute im Ministerium beurteilen. Derweil sagen Kritiker den Architekten nach, sie wollten in erster Linie den Palast der Republik erhalten. Dazu gehört unter anderem Bruno Flierl , Nestor der ostdeutschen Architekturkritik und Vater von Kultursenator Thomas Flierl (PDS).

Philipp Oswalt, der unter anderem ein Kulturforschungsprojekt der Bundeskulturstiftung über schrumpfende Großstädte leitete, dagegen betonte: „Der Palast ist in jedem Fall nur eine Zwischenlösung.“

Marc Neller

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