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Zu Fuß zum Supermarkt. Bisher haben Discounter Parkflächen großzügig dimensioniert. Jetzt regt der Senat bei Neuansiedlungen eine deutliche Reduzierung der Stellplätze an.

© dapd/Lohnes

Städteplanung: Auch zum Großeinkauf ohne Auto

Der Senat will den Einzelhandel in der Innenstadt stärken – doch es soll künftig weniger Parkplätze geben. Die geplante "Stellplatzobergrenzenverordnung" trifft nicht nur auf Zustimmung.

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Große Einzelhandelsgeschäfte mit mehr als 800 Quadratmeter Fläche sollen sich künftig möglichst zentral in den Bezirken ansiedeln und nicht mehr in Gewerbegebieten oder an Ausfallstraßen. „Der Senat favorisiert großflächigen Einzelhandel in Bezirkszentren, damit dort die Kaufkraft bleibt und nicht abgezogen wird“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) am Dienstag. Lebensmittelmärkte, Drogerien oder Getränkemärkte gehörten in Zentren oder Wohngebiete, wo sie zu Fuß erreicht werden können. Fachmärkte wie Möbelhäuser, Baumärkte oder Gartencenter sollen auf ausgewiesene Standorte konzentriert werden. Der Senat appelliert in einem Bericht an das Abgeordnetenhaus an die Bezirke, darauf zu achten und die gesamtstädtische Planung im Blick zu haben.

In Bezirken wie Lichtenberg existieren bereits Zentrenkonzepte, die überregionale Zentren wie das Linden- oder Ring-Center, Ortsteilzentren wie in Karlshorst und diverse Wohngebietszentren ausweisen. Baustadtrat Andreas Geisel (SPD) unterstützt das Ansinnen des Senats „ausdrücklich“, großflächigen Einzelhandel in die Zentren zu lenken. Viele Lebensmitteldiscounter würden Flächen außerhalb von Wohngebieten beantragen. Der Bezirk habe diese Anträge weitgehend abwehren können. „Die wohnortnahe Versorgung muss gesichert sein“, sagt Geisel.

Doch gerade diesem Ansinnen widerspricht möglicherweise die geplante „Stellplatzobergrenzenverordnung“, die zurzeit als Entwurf in den Bezirksämtern liegt. Nach dem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, soll künftig neuen Supermärkten nur noch ein Stellplatz pro 75 Quadratmeter Handelsfläche zugesprochen werden. Bei einem Discounter mit 750 Quadratmetern wären also nur zehn Stellplätze erlaubt. Bei Hotels käme auf acht Betten ein Parkplatz, bei Krankenhäusern ein Autostellplatz auf sechs Krankenbetten. Bei Restaurants dürfte von 16 Gästen nur einer mit dem Auto kommen. „Wir wollen eine Struktur schaffen, die den Autoverkehr in der Stadt verträglich zulässt“, sagte Mathias Gille, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Zu Details wollte er sich nicht äußern. Es handele sich lediglich um einen ersten Entwurf, der noch in mehreren Gremien geprüft werde.

Für Stadtrat Geisel ist diese Verordnung nachvollziehbar. „Wenn mehr große Märkte und Läden zentral vorhanden sind, kann man diese auch zu Fuß oder mit öffentlichem Nahverkehr erreichen.“ Kritik dagegen kommt aus Tempelhof-Schöneberg. Es sei durchaus sinnvoll, eine Verordnung zu erlassen, wie viele Parkplätze beispielsweise ein neues Hotel bauen dürfe, sagte Baustadtrat Bernd Krömer (CDU). „Die Eigentümer orientieren sich sonst immer am absoluten Spitzenbedarf.“ Den jetzigen Entwurf der Senatsverwaltung hält er jedoch für völlig überzogen. „Man will die Leute mit aller Gewalt in die öffentlichen Verkehrsmittel pressen“, sagt Krömer. Auch sein Amtskollege Klaus-Dieter Gröhler (CDU) aus Charlottenburg-Wilmersdorf stellt sich klar gegen eine Parkplatzbegrenzung. „Das ist eine grundsätzlich falsche Idee.“ Gröhler befürchtet, dass sich große Discounter als Reaktion in Zukunft immer direkt hinter dem S-Bahnring ansiedeln werden, gleichzeitig würden die Einkaufszentren außerhalb des Innenstadtbereichs die Kundschaft abziehen.

„Ich stehe dem Ansatz ausgesprochen positiv gegenüber“, sagt Pankows Baustadtrat Michail Nelken (Linke). „Riesige Parkplätze zerstören das Stadtbild und regen zu unnötigen Autofahrten an.“ Die meisten Geschäfte kämen schon jetzt mit wenigen Stellplätzen aus, da die meisten Berliner zu Fuß oder mit dem Rad einkaufen gehen würden.

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