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Berlin: Stark verbesserte Aktenlage

Bei der Feuersozietät waren Papiere verschollen. Die Versicherung startete eine Suchaktion, wurde fündig - und kann nun doch privatisiert werden

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Akten sind wieder da. Nach einem Bericht des Tagesspiegel über verschwundene Versicherungsverträge bei der Feuersozietät startete das Unternehmen eine Suchaktion – und wurde fündig. Was nicht ganz einfach war, denn im Außenlager stapeln sich die alten Unterlagen fast bis unter die Decke. „Sie glauben gar nicht, wie viel bedrucktes Papier wir aufbewahren müssen“, sagte ein leitender Mitarbeiter.

Wie berichtet, waren einige Kisten mit 80 Altverträgen nicht auffindbar. Das fiel erst auf, als die landeseigene Feuersozietät begann, sich auf die Privatisierung vorzubereiten. Die – zunächst vermissten – Unterlagen seien aber für die Einschätzung der Geschäftslage ohne Bedeutung, sagte Unternehmensvorstand Thomas Bielefeld. Es sei jetzt viel wichtiger, nach vorn zu schauen. Damit meint er die Verkaufsverhandlungen mit der Versicherungskammer Bayern, die von den Eigentümern der Feuersozietät – Berlin und Brandenburg – „entschlossen vorangetrieben“ würden. Beide Länder sind daran sehr interessiert, weil eine missglückte Privatisierung viel Geld kosten wird. Dann benötigt die Feuersozietät staatliche Zuschüsse, um das Eigenkapital aufzustocken. „Das Unternehmen muss vernünftig ausgestattet werden“, sagte Bielefeld.

Vom risikoreichen Rückversicherungsgeschäft hat sich die Feuersozietät jetzt abgewendet. Die Feuersozietät war spezialisiert auf Luftfahrzeuge aller Art. Sie wollte damit seit den 80er Jahren ihr Geschäftsfeld erweitern. Nach dem Absturz einer Swiss-Air-Maschine und nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 musste sich die Feuersozietät an der Schadensbegleichung beteiligen. Der Crash eines Jumbos hätte für das relativ kleine öffentliche Unternehmen wahrscheinlich das Aus bedeutet.

Nun wird die Rückversicherung abgewickelt. In der vergangenen Woche hat der Verwaltungsrat dem Vorschlag der Unternehmensleitung zugestimmt, keine neuen Verträge mehr abzuschließen. „Unsere Kapitaldecke ist zu schmal; damit lassen sich keine lukrativen Geschäfte machen“, so Bielefeld. Hinterher sei man immer schlauer. „Wir haben in diesem Bereich einiges Geld verloren“.

Der potenzielle Käufer hat an der Rückversicherung ohnehin kein Interesse. Er ist in Bayern und der Pfalz Marktführer bei den Erstversicherungen und an der Zusammenarbeit mit den Sparkassen interessiert. Wolf-Rainer Hermel hat mit alledem nichts mehr zu tun. Er war 27 Jahre Vorstandschef der Feuersozietät und ist am 30. Juni in Pension gegangen. Den Jahresabschluss 2002 wird er in der nächsten Woche nicht mehr präsentieren. Nach einem Griff in die Sicherheitsrücklage der Versicherung könne ein „ausgeglichenes Ergebnis“ vorgezeigt werden, bestätigte Bielefeld.

Die Liberalen und die Grünen haben trotzdem weiteren Aufklärungsbedarf. FDP-Fraktionschef Martin Lindner will die Sache mit den Akten genau erklärt haben und eine verlässliche Einschätzung der Finanzrisiken des öffentlichen Unternehmens hören – im Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses, der voraussichtlich erst nach den Sommerferien zusammenkommt. Jochen Esser (Grüne), der stellvertretende Ausschussvorsitzende, unterstützt das Begehr und verlangte bereits vorab einen schriftlichen Bericht.

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