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Diese Statue wünschen sich die Kreuzberger zurück.

© picture-alliance / akg-images

Statue in Kreuzberg: Der Mehringplatz sehnt sich nach Victoria

Seit fünf Jahren ist die Victoria-Statue vom Mehringplatz verschwunden, damit die U 6 saniert werden kann. Doch immer wieder haben sich die Bauarbeiten verzögert – zum Ärger der Anwohner.

Sie hat Schusswunden aus dem Krieg und ist am Arm verletzt, was bei ihrem Alter nicht verwunderlich ist. Victoria ist über 160 Jahre alt und hat zwei Weltkriege überstanden. Für die Menschen am Mehringplatz ist die Bronzestatue auf dem Marmorsockel in der Mitte des Brunnens mehr als nur ein altes Standbild. Sie sei eine Identitätsfigur, sagen sie. Doch die ist seit fünf Jahren vom Platz verschwunden, zum Ärger der Kreuzberger. Mittlerweile ist der ganze Brunnen weg.

Victoria, 1800 Kilo schwer und drei Meter hoch, ist bei einem Schmied in Adlershof eingelagert. Ab und zu kommen Besucher, um sie in der Werkstatt zu sehen. Die Statue kann erst wieder auf den Platz zurück, wenn die BVG dort die Tunneldecke der U 6 saniert hat. Denn ein sanierter Engel, der aus dieser Höhe umgekippt wäre, hätte die Tunneldecke durchschlagen können, sagt die Historikerin Wulfhild Sydow. Die 71-Jährige wohnt seit 1972 am Mehringplatz.

Die Victoria wurde bereits 2006 entfernt. „Ein Flügel war durchgerostet und drohte abzubrechen“, sagt Sydow. Damals sei festgestellt worden, dass der Brunnen undicht sei und die Schäden an der U-Bahndecke eventuell durch tropfendes Wasser verursacht wurden. Immer wieder sei das Vorhaben von der BVG verschoben worden. Mittlerweile haben die Arbeiten begonnen, der Brunnen samt der 19 Meter hohen Säule wurde abmontiert. Leer sieht es aus am südlichen Ende der Friedrichstraße, wo Touristen ihren Bummel beginnen. In einem Jahr sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein, im Frühjahr 2013 der Brunnen wieder sprudeln.

Die vom Bildhauer Christian Daniel Rauch geschaffene Victoria wurde 1843 auf dem damaligen Belle-Alliance-Platz auf einer 19 Meter hohe Säule aufgestellt und thronte ein Jahrhundert lang über einem Rondell mit Wasserbassin. Nach dem Bombardement im Zweiten Weltkrieg war die geflügelte Figur mitsamt Palmenzweig als Friedenssymbol und Olivenkranz in der Hand als Siegeszeichen das einzige, was noch vom Mehringplatz übrig blieb. Einschusslöcher sind noch zu sehen, die Statue ist etwas schmuddelig.

Wahrzeichen. Die Victoria wurde 1843 auf dem damaligen Belle-Alliance-Platz errichtet.
Wahrzeichen. Die Victoria wurde 1843 auf dem damaligen Belle-Alliance-Platz errichtet.

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Durch die Löcher soll nun mittels einer Kamera ins Innere geblickt werden, wo ein Stahlkorsett die Statue stützt, um den Schaden abschätzen zu können, sagt Adalbart-Maria Klees, Leiter des Grünflächenamts Friedrichshain-Kreuzberg. Die geschätzten Kosten von rund 650 000 Euro für die Sanierung des gesamten Brunnens würden aus dem Fördertopf Stadtentwicklung gedeckt. „Die Victoria ist bedeutend, sie ist das einzige Relikt, was von der einzigen Schönheit des Platzes übrig geblieben ist“, sagt Kristijana Penava vom Quartiersmanagement Mehringplatz. Mit ihrer Rückkehr wünscht sich Penava auch die Umbenennung des Platzes. Das habe die Zukunftswerkstatt Mehringplatz beschlossen, die Ideen sammelt, um die Situation am Platz zu verbessern. Friedrichplatz oder Hallescher Platz sind unter den Vorschlägen. „Seit der Umbenennung in Mehringplatz gibt es eine Abwärtsspirale“, sagt Penava.

Auch Wulfhild Sydow wünscht sich einen neuen Namen. Aber erstmal soll Victoria zurück. Mit einer Theatergruppe aus dem Kiez hat Sydow der Statue sogar ein Stück gewidmet. Es heißt Sehnsucht nach Victoria.

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