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Berlin: Steffel bei Friedman: Der Inquisitor und der Kandidat

Vor der Inqusition fühlt sich keiner wohl. Michel Friedman: "Was ist eigentlich ein Rassist?

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Vor der Inqusition fühlt sich keiner wohl. Michel Friedman: "Was ist eigentlich ein Rassist?" Frank Steffel: "Das ist eine schwierige Frage; vor allem, wenn man sie pauschal verantworten, äh, beantworten soll." Dieser Versprecher stand am Beginn eines halbstündigen Leidenswegs, den der CDU-Spitzenkandidat in der ARD-Talkshow am Mittwoch um 23 Uhr beschritt. Friedman: "Wenn man einen Ausländer als Kanaken bezeichnet, ist man dann ein Rassist?" Steffel: "Auch das ist eine schwierige Frage, in jedem Fall ist die Wortwahl inakzeptabel."

Zum Thema Online-Umfrage: Ist Frank Steffel als Spitzenkandidat noch tragbar? Fototour: Frank Steffel in Bildern Die rechte Hand des jungen Mannes, die zunächst lässig auf der Sessellehne des Talkmasters lag, gerät nun sehr in Bewegung, durchschneidet die Luft mit Handkantenschlägen im Sekundentakt. Gnadenlos exerziert Friedman die Sprüche durch, die Steffel als Schüler geklopft haben soll und die inzwischen auch in der "Washington Post" zu lesen sind. "Bimbo", "Mongo". Der CDU-Mann lächelt auf dem Folterbett eisern und sagt Sätze wie: "Es ist immer auch eine Frage, wie man den Begriff verwendet."

Mal kann sich Steffel nicht erinnern, mal dementiert er strikt. Das sei nicht sein Wortschatz. Dann wieder spricht er von "blöden Aussagen eines Schülers" und versichert, er habe nur über Neger gesprochen. "Ich habe in meiner Jugend auch Negerküsse gegessen und kein Schaumgebäck." Das Publikum im ARD-Studio lacht. Hilflos, verblüfft, schadenfroh. Nur eines weiß Steffel ganz genau: "Ich habe mit Dreißig keine Polizisten verprügelt und wollte nie Außenminister werden, sondern Regierender Bürgermeister." Das Lachen schlägt in empörtes Raunen um.

Friedman insistiert: "Sind Sie ein Rassist?" Der Gast antwortet nach kurzem Wortgefecht: "Ich bin kein Rassist." Er lasse sich nicht in die dumpfe rechte Ecke drängen. Das Lächeln friert fest, die Augen irren umher und als Friedman wissen will, was einen guten von einem schlechten Türkenwitz unterscheidet, fängt der Unterkiefer an zu mahlen. Über Kohl-Witze habe er früher besonders gelacht, ansonsten gebe es eben "witzige Witze". Dann unternimmt der CDU-Politiker einen Ausbruchsversuch. Hier würden die Jugendsünden eines Teenagers diskutiert, das sei nur ein Ablenkungsmanöver von den eigentlichen Wahlkampfthemen. Er habe sich immer für Minderheiten engagiert und sei lange Jugendtrainer im Fußballverein gewesen.

Aber selbst, als sich der Delinquent um einen Scherz bemüht, schlägt das gegen ihn zurück. "Ich habe in meinem engsten Beraterkreis einen Filipino, einen Libanesen, einen Türken und sogar einen Österreicher", stellt Steffel seine multikulturelle Kompetenz unter Beweis. Friedman höhnt: Dafür einen Österreicher unter der Regierung Haider als Kronzeugen zu benennen, sei auch eine Aussage. Der Studiogast findet die ganze Diskussion lächerlich. Der Gastgeber hat seine Freude an dem wild zuckenden Opfer. "Entspannen Sie sich doch, Herr Steffel", lächelt er und hält dem CDU-Mann die nervöse Hand. Was sagt denn der Spitzenkandidat zur Ausländerintegration? "Es darf keine unbegrenzte Zuwanderung geben." "Hat es die je gegeben?" Steffel zögert kurz: "Nein." Friedman: "Warum sagen Sie es dann?"

Noch ein kurzes Verhör zu Gregor Gysi, der PDS und den Sozialdemokraten, die nach Meinung Steffels wegen ihrer Zusammenarbeit mit der SED-Nachfolgeorganisation den Konsens der Demokraten verlassen hätten. Was, die SPD sei nicht mehr demokratisch? Der CDU-Mann, der sich zuvor im Stakkato verteidigt hat, gerät ins Stottern. Nein, das habe er damit nicht sagen wollen. Der Rest ist Routine. Friedman tadelt mild seinen Studiogast, weil er nicht exakt weiß, wie viele Sozialhilfeempfänger es in Deutschland gibt. Steffel kennt immerhin die Zahlen für Berlin. Da lächelt der Talkmaster süffisant. "Gut gelernt!" Steffel bei Friedman. Ohne eine Chance.

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