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Berlin: Stelen sollen das Doppelte kosten

Nach Einspruch einer Firma muss der Bau des Holocaust-Mahnmals voraussichtlich neu ausgeschrieben werden

Von Amory Burchard und

Lars von Törne

Der Bau des Holocaust-Mahnmals verzögert sich weiter. Nachdem eine Baufirma erfolgreich Einspruch gegen den Wettbewerb um die Betonarbeiten für das Stelenfeld des Denkmals eingelegt hat, ist dessen für Anfang September geplanter Baubeginn wieder offen. Das bestätigten gestern die Sprecherin der Bauverwaltung, Petra Rohland, und die Geschäftsführerin der Mahnmal-Stiftung, Sibylle Quack. Wahrscheinlich wird der Wettbewerb neu ausgeschrieben. Dafür nennt Sibylle Quack in einem Brief an die Mitglieder des Stiftungs-Kuratoriums zwei Gründe: Den Beschluss der Berliner Vergabekammer, dem Einspruch der Firma stattzugeben, und „erhebliche Kostenüberschreitungen“.

„Teilweise um über hundert Prozent“ lägen die Angebote der sechs beteiligten Firmen über dem in der Ausschreibung vorgegebenen Kostenrahmen, schreibt Quack. Zuletzt waren die Baukosten für das Stelenfeld auf knapp zehn Millionen Euro (20 Millionen Mark) des Mahnmal-Etats von insgesamt knapp 25 Millionen Euro (50 Millionen Mark) beziffert worden. Droht damit eine Verdoppelung der Kosten für die 2700 Beton-Stelen? Peter Eisenman, der Architekt des Denkmals, widersprach Quacks Aussage in dem Brief an die Mitglieder des Kuratoriums. „Soweit ich weiß, waren die Angebote nur um eine Million Euro zu hoch“, sagte Eisenman dem Tagesspiegel.

Zugleich verteidigte Eisenman die „eingeschränkte Ausschreibung“ für die Beton-Stelen. Gegen dieses Verfahren hatte eine Firma, die dabei nicht berücksichtigt worden war, erfolgreich Einspruch erhoben. Der wichtigste Aspekt des Denkmals seien nun einmal die Stelen und die Qualität des Betons, so Eisenman. Bei einem offenen Wettbewerb hätte die Gefahr „unqualifizierter Angebote“ bestanden. Eine leichte Kostenüberschreitung bei den Stelen sei zu verantworten, zumal das Budget für das Stelenfeld trotzdem ausgeglichen geblieben wäre. „Hätte niemand Einspruch eingelegt, hätten wir weitergebaut“, sagte Eisenman.

Die Bauverwaltung widersprach unterdessen der Begründung der Vergabekammer, dass im Verlauf des Wettbewerbs ein Fehler unterlaufen sei und das Verfahren deswegen unkorrekt sei. „Wir hatten den Bieter aus formal zwingenden Gründen abgelehnt“, sagte Sprecherin Petra Rohland.

Jetzt ist es an Bausenator Peter Strieder, über das weitere Verfahren zu bestimmen. Anfang kommender Woche will der Senator entscheiden, ob das Vergabeverfahren wiederholt wird oder ob man andere Wege beschreitet, sagte seine Sprecherin. „Unser Ziel bleibt, so schnell wie möglich mit dem Bau zu beginnen.“ Nach dem Schreiben der Geschäftsführerin der Mahnmal-Stiftung, Sibylle Quack, hat die Bauverwaltung bereits prüfen lassen, „ob ein Einspruch gegen den Beschluss der Vergabekammer … sinnvoll sei“. Die Verwaltung sei zu dem Schluss gekommen, dass „eine Klage vor dem zuständigen Kammergericht zu viele Risiken in sich birgt, die zu erheblichen Zeitverzögerungen führen könnten“. Dazu wollte die Geschäftsführerin gestern keine Stellung nehmen. Nur so viel: Man müsse die neu entstandene Situation hinsichtlich des Beschlusses der Vergabekammer und des Ergebnisses der Ausschreibung analysieren und das Votum von Senator Strieder einholen. Strieder kehrt am Montag aus dem Urlaub zurück.

Sehr besorgt auf die neuerlichen Probleme reagierte gestern der stellvertretende Vorsitzende des Mahnmal-Förderkreises, Lothar C. Poll. Es sei „schade, dass auch dieses wichtige Projekt von den klassischen Berliner Schwächen – Unfähigkeit und Filz – betroffen“ sei. Bei einer Ausschreibung unter einem ausgewählten Kreis von Unternehmen besteht immer „die Gefahr von Absprachen und dem Einräumen von Vorzugsstellungen.“ Nachdem offenbar deutliche Mehrkosten drohten, bleibe nichts als eine erneute Kalkulation und eine neue Ausschreibung.

Sibylle Quack schreibt an das Stiftungs-Kuratorium: Die Stiftung habe „an einem einwandfreien und transparenten Vergabeverfahren höchstes Interesse“.

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