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Stern über Friedrichshain: Daimler zeigt seine neue Berlin-Zentrale

Die East-Side-Gallery am Spreeufer bekommt einen neuen Nachbarn - und der präsentiert erstmals sein Gesicht. Daimlers gläsernes Hochhaus lässt einige Anwohner um das Kiezklima fürchten.

Der Kampf um die Nutzung der Grundstücke im Gebiet der Mediaspree in Friedrichshain flammt wieder auf. Anlass sind die Pläne von Investor Vivico für einen Neubau, den der Mercedes-Konzern nutzen will. Am Montagabend hatte der Entwickler zu einer öffentlichen Veranstaltung eingeladen, um mit Nachbarn und Bürgern die Pläne zu diskutieren. „Hochhauspläne“ nennt sie der „Initiativkreis Mediaspree versenken!“ – und erinnerte bei der gestrigen Diskussion im Postbahnhof mehrfach vehement daran, „dass rund 30.000 Menschen beim Bürgerentscheid am 13. Juli 2008 gegen die Errichtung neuer Hochhäuser im Spreeraum gestimmt hatten“.

Die Vivico hatte sich für die Auseinandersetzung gewappnet – und zu der Gesprächsrunde im Fritzclub Dimitri Hegemann eingeladen. Der Betreiber des legendären Clubs Tresor sollte gleichsam das Bild vom kalt kalkulierenden Investor korrigieren. Zumal aus Sicht der Firma aus Frankfurt am Main, die in Berlin auch die städtebauliche Wüste nördlich vom Hauptbahnhof in eine „Europacity“ umwandeln will, der 50 Meter hohe Neubau mitnichten als Hochhaus anzusehen ist. Das sieht Carsten Joost, ein Sprecher vom Initiativkreis anders: „Ab 22 Meter ist es ein Hochhaus.“ Und an dieser Stelle könne man auch gut mit der Berliner Traufhöhe auskommen. Joost kritisiert außerdem den „albernen Stern“ auf dem Gebäude. Außerdem sei wegen der Ansiedlung von Mercedes ein Neubau von preisgünstigen Wohnungen dringend erforderlich, etwa auf dem benachbarten BSR-Areal. Doch es fehle an entsprechenden „sozialpolitischen Plänen“.

Zugleich treibt die Kritiker auch die Sorge um die gute Luft im Quartier und um das Grundwasser um. Und die Vivico nutzte die abendliche Veranstaltung auch dazu, diese immer wieder kritisierten zentralen Punkte richtigzustellen. Beispiel Grundwasser. Die Kritiker sahen eine Gefährdung, weil drei unterirdische Ebenen geplant gewesen sind. Doch der Vivico zufolge entsteht nur eine Ebene, so dass die Fundamente keine 1,40 Meter tief ins Grundwasser reichten.

Verhindert der kleine Riegel aber nicht wie eine Barriere den Austausch der Luft in dem Quartier? Nein, sagt die Vivico, der Neubau sei der einzige 50 Meter hohe Bau auf einer Breite von 800 Metern und habe deshalb keine Auswirkung auf das Mikroklima des Quartiers. Darüber liege ein Gutachten vor, das Grundstücksverkäufer Anschutz verfassen ließ. Dass sich Asphalt und Hausfassaden im Sommer über Gebühr aufheizen, sei eher noch der East-Side-Gallery zu schulden: Denn die Mauer verhindere, dass verdunstendes Wasser von der Spree in das Quartier hinüberzieht. Und muss der Bezirk nicht auch um das bunte Leben an den Spreeufern fürchten? Sie werden gar nicht erst bebaut, kontert der Entwickler – denn die Grundstücksgrenze ende an der Straße, weit vor dem Uferweg.

Clubbetreiber Dimitri Hegemann vertrat an diesem Abend den Standpunkt der Kreativwirtschaft. Er hofft, dass das Quartier durch die Ansiedlung von Mercedes-Benz belebt und in Friedrichshain ein „kultureller Dialog“ in Gang kommt. Die Kreativwirtschaft sei ein Motor, dessen Kraft oftmals unterschätzt werde. Wer eine Brücke in den Kiez schlagen wolle, käme nicht umhin, die ansässige Kulturszene einzubinden, sagte der Chef des legendären Technoclubs Tresor weiter. Im besten Fall könnte der Ort zu einer „Begegnungsstätte mit Seele“ werden. Denkbar wären zum Beispiel regelmäßige Zukunftskongresse mit Kulturschaffenden und Anwohnern, bei denen unter anderem Aspekte ökologischer und sozialer Verantwortung diskutiert werden.

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