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Steueraffäre: Zehn Liechtenstein-Betrüger aus Berlin

Im Fall deutscher Steuerbetrüger, die ihr Geld in Liechtenstein versteckt haben sollen, ermittelt die Bochumer Staatsanwaltschaft gegen etwa zehn Berliner. Weitere Hauptstädter zeigten sich selbst an.

Knapp ein Jahr ist es her, dass eine DVD aus Liechtenstein mit den Daten deutscher Steuersünder auftauchte. Während schon der frühere Postchef vor Gericht steht, ermittelt die Bochumer Staatsanwaltschaft immer noch gegen Berliner, die Geld in Liechtenstein versteckt haben sollen. „Von 450 angegangenen Fällen betreffen etwa zehn Berlin“, sagt der Bochumer Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek. Und Wolfgang Lübke, Chef der Berliner Steuerfahndung, will „nicht ausschließen, dass noch was kommt“. Die Bochumer Ermittler hätten aber keine Prominenten aus Berlin im Visier.

Der Berliner Oberstaatsanwalt Ulf- Hartwig Hagemann weiß von etwa 20 bis 30 Berlinern, die sich im Zuge der Liechtenstein-Affäre selbst angezeigt haben. Beträge seien nicht bekannt, weil die Finanzverwaltung bei Strafen bis zu einem Jahr Haft und maximal 360 Tagessätzen Bußgeld eigenständig arbeite und das Steuergeheimnis gelte.

Insgesamt gab es nach Auskunft der Finanzverwaltung im Vorjahr 175 Selbstanzeigen, 27 weniger als 2007. Bundesweit seien es etwa 1000 pro Jahr, sagt Dieter Ondracek, Chef der Deutschen Steuergewerkschaft. „Das sind oft Leute, die Morgenluft wittern“, etwa wenn der oder die Verflossene oder ein Ex-Mitarbeiter mit Anzeige drohen. Knapp 300 Selbstanzeigen seien bundesweit wegen der Liechtenstein- DVD eingegangen.

Hagemann berichtet von „einem leichten Anstieg bei Steuerstrafverfahren“. Ein aktuelles Phänomen seien gefälschte Einfuhrbescheinigungen für Waren aus Polen. Mit Tricks wird die 19-prozentige Umsatzsteuer kassiert, die eigentlich dem Finanzamt zusteht.

Unrechtmäßige Erstattungen und verschwiegene Einkünfte seien die Grundprinzipien beim Steuerbetrug, sagt der Oberstaatsanwalt. „Und zurzeit sitzen wir an einem großen Komplex, bei dem gewerbsmäßig Grunderwerbsteuer hinterzogen worden ist.“ Diese Steuer wird bei Immobiliengeschäften fällig und beträgt 4,5 Prozent des Kaufpreises. Im konkreten Fall habe ein Vermittler Häuser verkauft, aber nur die – relativ billigen – Grundstücke ans Finanzamt gemeldet.

Oft haben die Ermittler einfach Glück. Hagemann weiß von einem aktuellen Fall, in dem französische Beamte 700 000 Euro im Fußraum eines VW-Busses entdeckt hätten, der auf dem Weg von Deutschland nach Spanien war. Große Bargeldbeträge seien „immer verdächtig“ – und ein Abgleich mit dem in der letzten Steuererklärung angegebenen Vermögen in aller Regel lohnend.

Wolfgang Wawro vom Steuerberaterverband nennt die Liechtenstein-DVD „ein großes Thema, über das die Mandanten sprechen“. Manche seien „ein bisschen aufgescheucht“ und andere frustriert über die Art, wie der Postchef an den Pranger gestellt worden ist. Als Hauptmotive für Steuerhinterziehung nennt Wawro „den Kick und den Frust über die hohe Abgabenlast“. Stefan Jacobs

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