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Steuerfrei in die Oper? Michael Müller und Ehefrau Claudia.

© dpa, Rainer Jensen

Steuerprüfung in Berlin: Senatskanzlei weist Vorwürfe wegen Opern-Freikarten zurück

Das Berliner Finanzamt ermittelt wegen Opern-Tickets, die gratis an Repräsentanten des öffentlichen Lebens gingen. Es geht auch um Einladungen an Michael Müller.

Egal, ob „Zauberflöte“, „Die Hochzeit des Figaro“ oder „Elektra“ – wenn der einstige Bausenator und heutige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) in den vergangenen Jahren in die Oper ging und dafür zwei Freikarten bekam, nahm er seine Ehefrau Claudia oder andere Begleiter mit.

Legt man an diese Geschenke der Opernhäuser allein den strengen Maßstab des Paragrafen 37b im Einkommensteuergesetz an, so hätte Müller auf die Idee kommen müssen, seine Karten eventuell als „geldwerten Vorteil“, den er bei Mozart und Strauss genoss, beim Finanzamt anzugeben und zu versteuern. Das hat er aber offenbar nicht getan – weshalb er sich nun entsprechender Kritik ausgesetzt sieht. Von einer „Opern-Affäre“ ist in der „Bild am Sonntag“ die Rede. Aber was ist dran an dem Vorwurf, Müller habe möglicherweise Steuern hinterzogen?

Der Fokus liegt auf den Zweitkarten für die Begleitung

Die Freikarten – vor allem zu Premieren – erhielt Michael Müller wie auch viele andere Repräsentanten des öffentlichen Lebens oder Journalisten von der Stiftung Oper in Berlin. Unter deren öffentlich-rechtlichem Dach sind die Staatsoper, die Deutsche Oper und Komische Oper zusammengeschlossen. Die Bücher der Stiftung werden zur Zeit von Steuerprüfern durchgesehen. Dabei fiel dem Vernehmen nach offenbar auf, dass vergebene Freikarten, also keineswegs nur Müllers Tickets, nicht ordentlich steuerlich angegeben waren.

Der Fokus liegt dabei aber nach Auskunft von Experten auf den jeweils überlassenen Zweitkarten für eine Begleitperson wie Müllers Ehefrau, Kinder oder Freunde. Denn für die Karte der eigentlichen Empfänger lässt das Steuergesetz Ausnahmen zu. Beispielsweise, wenn der Besuch eines Kulturevents wie bei Zeitungskritikern zu den dienstlichen Aufgaben gehört – oder repräsentative Zwecke erfüllt. Folglich hieß es am Sonntag in der Senatskanzlei, Michael Müller habe in jedem Falle „Repräsentationspflichten erfüllt“, sowohl als einstiger Bausenator wie auch als Regierender und Kultursenator.

Wer die Zweittickets ausgibt, muss sie versteuern

Wie sind aber seine Zweitkarten zu bewerten? Tatsächlich müssten zumindest diese für eine nette Begleitung vergebenen Tickets mit einem Pauschalsatz von 30 Prozent versteuert werden, sagt die Sprecherin der Senatsfinanzverwaltung Eva Henkel und verweist auf den genannten Paragrafen 37b. Mehr darf sie aber öffentlich nicht sagen, „weil Steuerangelegenheiten Privatsache sind“.

Hört man sich jedoch bei Finanzexperten um, so stellen diese dem Regierenden sowie allen anderen eingeladenen Empfängern von Zweittickets ein entlastendes Zeugnis aus. Danach haben sich die Finanzbehörden offenbar bundesweit schon vor einigen Jahren darauf geeinigt, dass Zweittickets nicht vom Empfänger, sondern von der ausgebenden Institution mit 30 Prozent versteuert werden müssen. Man habe so der „Realität Rechnung getragen“, heißt es. Im Duo vergebene Gratistickets seien nun mal überall üblich, außerdem würden sie im guten Glauben entgegengenommen. „Es steht ja nicht drauf, dass sie steuerpflichtig sind.“ Der bundesweite Beschluss sei also zustande gekommen, um die Empfänger nicht zu kriminalisieren.

Folglich richten sich die Ermittlungen der Steuerprüfer bei der Stiftung Oper dem Vernehmen nach weniger gegen den Regierenden als gegen die Stiftung selbst. Untersucht wird offenbar, inwieweit diese sich richtig verhalten und verschenkte Zweitkarten dem Finanzamt gemeldet hat.

Gratiseinladungen sind auch wegen Bestechlichkeit umstritten

Einladungen und Freikarten für Berliner Abgeordnete und Regierungsmitglieder wurden in den vergangenen Jahren auch häufig wegen möglicher Bestechlichkeit und Vorteilsnahme kritisiert. Von allen Parteien gab es Erklärungen, man wolle sich künftig nur noch eingeschränkt derart beglücken lassen. Grundsätzlich verbietet auch das Beamtengesetz die Annahme von Vorteilen – zumindest für Regierungsmitglieder lässt es aber Freiräume zu.

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