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Berlin: „Stich ihm in den Hals – oder es ist aus“

19-Jähriger gesteht tödliche Messerattacke. Seine damalige Freundin soll ihn angestiftet haben

Einst waren sie Freunde, doch jetzt würdigt Nadine T. den 19-Jährigen keines Blickes mehr. „Ich hatte mich total verliebt“, sagt Steven K. auf der Anklagebank. Er spricht hastig und mit leicht heiserer Stimme, von seiner Liebe und dem Mordauftrag. „Stich ihm jetzt in den Hals – oder es ist aus“, soll die 19-jährige Nadine T. von ihm am Telefon verlangt haben. „Ich wollte ihm in die Arme stechen und ihr dann erzählen, dass es nicht geklappt hat“, beteuert Steven K. Es ist anders gekommen. Jetzt sitzen die beiden Teenager wegen Mordes und Anstiftung zum Mord vor einer Jugendstrafkammer des Landgerichts.

Es geht um den Tod des 23-jährigen Jimmy H., den Exfreund der jungen Frau. Er war in den frühen Abendstunden des 23. Mai in der Holländerstraße in Reinickendorf niedergestochen worden. Steven K. soll ein Küchenmesser einmal rechts und einmal links in die Brust des Opfers gerammt haben. Der Auftrag, so die Anklage, sei von Nadine T. gekommen. Sie habe K. angewiesen, ihren Exfreund „abzustrafen“. Nach der Tat soll K. bei Nadine T. angerufen und den „Vollzug“ gemeldet haben. Sie habe „triumphiert und sich bei K. mit einem Küsschen verabschiedet“, heißt es in der Anklageschrift.

Nadine T. hat jede Schuld von sich gewiesen. Zu Beginn des Prozesses vor zwei Wochen sagte sie mit einem freundlichen Lächeln: „Mir tut alles sehr leid, aber einen Mordauftrag habe ich nicht gegeben.“ Sie und Steven kannten sich aus einem Telefonchat. Nadine T. berichtete ihm von Jimmy, von den gewalttätigen Übergriffen des Friedhofsgärtners, von ihrer gebrochenen Nase, von der Flucht ins Frauenhaus.

Nach ihrer Version hatte sie Jimmy H. kurz vor der Tat gesehen, als sie zufällig gerade mit Steven telefonierte. Ihr Telefonfreund habe sich nach der Kleidung ihres Exfreundes erkundigt. Stockend versicherte die junge Frau im Prozess: „Ich habe doch nicht gewusst, was passiert.“ Ein psychiatrischer Gutachter sagte, als er mit der Angeklagten über den Tod von Jimmy H. sprach, habe sie „authentisch anmutend“ Trauerreaktionen gezeigt.

Im Gerichtssaal sind bei Nadine T. kaum Emotionen zu beobachten. Immer ist da ein Lächeln auf ihrem akkurat geschminkten Gesicht, das sie wie ein Püppchen wirken lässt. Sie hat viel Gewalt in der Beziehung mit H. erduldet. Nach ihrer Flucht ins Frauenhaus hatte sie ihn angezeigt. Als er vor Gericht stand, gab H. die Schläge zu und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Eine Sozialarbeiterin aus einer Jugendkriseneinrichtung beschrieb Nadine T. als ein „ruhiges, nettes und freundliches Mädchen“.

Der mehrfach vorbestrafte Steven K. hatte zu Beginn des Prozesses die Aussage zunächst verweigert. Nun überrascht er mit seiner Aussage. „Sie wollte sich an Jimmy rächen“, sagt er über die junge Frau, die nur einen Meter von ihm entfernt auf der Anklagebank sitzt. Und dann widerspricht er der jungen Frau Punkt für Punkt: „Sie hat mir Bilder von ihm gezeigt.“ Am Tattag schließlich habe seine große Liebe bei ihm angerufen und Rache verlangt. „Ich bin hin, habe Jimmy das Messer gezeigt.“ Nach einem Wortwechsel habe er dann doch zugestochen, gestand K. Kurz darauf habe Nadine erneut angerufen und gefragt: „Hast du es gemacht?“

Kerstin Gehrke

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