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Stichwort: Warum Mütter ihre Kinder töten

Die meisten Säuglinge werden innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Geburt getötet.

Hamburg/Frankfurt (Oder) - Wenn Eltern ihre Kinder töten, sind häufiger Mütter die Täter als Väter. Experten gehen in Deutschland von jährlich 40 bis 50 Fällen der Kindstötung durch die Eltern (Infantizid) aus, die entdeckt werden.

Häufig töten Mütter nach Aussagen von Psychologen, weil sie aus ihrer eigenen Situation keinen Ausweg sehen und das Kind nicht allein leben lassen wollen. Die meist gebildeten Mütter begehen dann einen «erweiterten Selbstmord». So ertränkte eine geistig verwirrte Krankenschwester im Mai 1999 bei Stendal (Sachsen-Anhalt) ihre zwei Kinder und versuchte anschließend, sich selbst das Leben zu nehmen. Sie wollte ihren Kindern «ein schlimmes Leben ersparen».

Allein Erziehende mit mehreren Kindern oder emotional instabile Frauen, die an einer so genannten Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, fühlen sich mit der Erziehung oft überfordert. Zwischen 1992 und 1996 erstickte eine Mutter mit Borderline-Syndrom ihre drei Kinder in Ratekau (Schleswig- Holstein), weil sie nicht aufhörten zu schreien.

Sterben Kinder an den Folgen von Vernachlässigung, stammen die Eltern meist aus sozial schwachen Verhältnissen. So verhungerte die siebenjährige Jessica aus Hamburg im März 2005 qualvoll. Die arbeitslosen Eltern hatten ihre Tochter in einem völlig dunklen, ungeheizten Zimmer wie eine Gefangene gehalten.

Ein weiterer Grund für Vernachlässigungen ist die Drogensucht der Eltern. Im Juli 2000 verhungerte der zweijährige Domenic aus Leipzig (Sachsen), weil ihn seine heroinabhängige Mutter mehrere Wochen in der verwahrlosten Wohnung allein ließ.

Auch eine Wochenbett-Psychose, in der die Mütter jeglichen Bezug zur Realität verlieren und ihr Kind verstoßen, kann zu einer Kindstötung führen. Mindestens eine von 1000 Müttern bekommt nach Expertenangaben solch eine Kindbett-Depression, die im ersten bis zweiten Jahr nach der Geburt entstehen kann. Dabei gibt es drei Ursachen für den krankhaften «Babyblues»: das Ungleichgewicht des Hormonhaushalts, das traumatische Geburtserlebnis sowie der gesellschaftliche Druck, eine gute Mutter zu sein. Experten unterscheiden zwischen dem einfachen Stimmungstief («Babyblues»), der Depression und der Psychose.

Weitere Motive sind die Tötung aus Mitleid, weil das Kind eine schwere Krankheit hat, oder die Ermordung des gemeinsamen Kindes, um sich nach einer Trennung am ehemaligen Partner zu rächen. Einige Frauen «verleugnen» die Schwangerschaft auch bis zuletzt und töten das Kind dann, um ihren Partner nicht zu verlieren. Vielen gewalttätigen Müttern wurde in der Kindheit selbst Gewalt zugefügt, wie in etlichen Prozessen zu Tage kam. (tso/dpa)

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