zum Hauptinhalt

Berlin: Stille Nacht in Friedrichshain

Simon-Dach-Straße: Wirte stellten Ausschank im Freien pünktlich ein

Friedrichshain. Um halb zehn Uhr abends sitzt die kleine Runde von Wirten gemütlich bei einem Bier vor „Paule’s Metal Eck“ in der Friedrichshainer Simon-Dach-Straße. Aus der Kneipe dröhnt Musik. „Ob alle mitmachen?“, fragt Peter Drews, seit sechs Jahren Inhaber der Kneipe, und schaut hinüber zu den zehn Kneipen auf der anderen Straßenseite. Am Nachmittag hatten die als „Wir(te) für Friedrichshain“ organisierten Kneipiers beschlossen, sich strikt an die für die meisten von ihnen ab Sonntag geltenden neuen Auflagen zur Bewirtung im Freien zu halten.

Ausschankschluss um halb zehn, um zehn Uhr müssen die Tische weggeräumt sein. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 10 000 Euro. „Natürlich gehen wir juristisch gegen die Bescheide vor, aber das dauert“, sagt Drews. Trotzdem wollen sie den Anwohnern und dem Bezirksamt signalisieren, dass sie sich an geltende Verordnungen halten.

Seit halb zehn räumte die Kellnerin frei werdende Sitzbänke weg. Vorgestern abend war es zum ersten Mal herbstlich klamm. Gäste ohne Jacke verzogen sich deshalb freiwillig in die Kneipe. Aber Lutz Luhnow betonte, „wenn es warm ist, will ich draußen und nicht in der stickigen Kneipe sitzen“. Für Ronnie „lebt der Kiez doch gerade von der Kneipenmeile“. Auch in der „Dachkammer“ wurden die Stühle und Tische zusammen geräumt.

„Klar klagen wir gegen die Bescheide, aber erst mal muß man sie befolgen“, sagte die Wirtin. Dagegen kennt der Wirt des „Hundertwasser“ bis heute keinen Bescheid, so bediente er weiter auch im Freien.

Eine Ecke weiter, in der EM-Bar regte sich Geschäftsführer Henry Lose über die 22-Uhr-Regelung nicht mehr auf. „Dieser Sommer ist gelaufen, entscheidend ist, was nächstes Jahr erlaubt ist.“ Aber die Buttersäureanschläge in der Nacht von Donnerstag auf Freitag auf einige Kneipen in der Gabriel-Max-Straße, darunter auch seine, empören ihn. Noch zwei Mal um die Ecke, im Cafe Intimes, war die auf dem Tresen ausliegende Unterschriftenliste gegen die 22-Uhr-Regelung bis auf die letzte Linie gefüllt. Franziska Hesse konnte „natürlich die Anwohner verstehen, aber als Kellnerin nicht“. Diesen Zwiespalt betonten auch die meisten ihrer Gäste, direkt hier in der Straße wohnen will keiner. Um halb elf waren im Zentrum der Simon-Dach-Straße vor fast allen Kneipen Tische und Stühle weggeräumt. Selbst der Wirt des „Hundertwasser“ war gerade dabei, sie zusammenzuketten. Doch „tote Hose“, wie von vielen befürchtet, war deshalb in der Straße noch lange nicht. In den Kneipen geht das Leben überall weiter. Christoph Villinger

NAME

Zur Startseite