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Berlin: Stillstand nach Plan

Für Staatsbesucher und gefährdete Personen werden die Ampeln abgeschaltet – auch für Condoleezza Rice. Für den Kanzler nicht

Condoleezza Rice kam gestern Vormittag nach Berlin, und viele Ampeln erloschen. Die hohe Besucherin ist die Sicherheitsberaterin des US-Präsidenten George W. Bush und als stark gefährdet eingestuft. Damit sie sicher ihr Ziel erreicht, schalten die Männer in der Verkehrsregelungszentrale die Ampeln auf ihrer Fahrtstrecke ab. Die Devise lautet: „Mit Köpfchen Knöpfchen drücken“. Der Verkehr soll möglichst wenig behindert werden.

In der Regel werden Ampeln nur bei Kolonnenfahrten im Rahmen von offiziellen Besuchen von Politikern abgeschaltet – das ist protokollarische Ehrensache. Ausnahmen gibt es zwar für Frau Rice, die „inoffiziell“ in Berlin ist, nicht aber bei Fahrten von Kanzler Schröder oder dem Regierenden Bürgermeister Wowereit. „Dann hätten wir viel zu tun“, hieß es bei der Verkehrsregelung. Schröder hatte sich kürzlich, wie berichtet, in Potsdam über rote Ampeln geärgert. Telefonische Bitten nach freier Fahrt habe die Polizei aber abgelehnt – das sei schließlich kein Staatsbesuch.

Viel Arbeit machen schon die etwa 250 Staats- und Arbeitsbesuche. Denn jede Ampel muss einzeln aus- und wieder angeschaltet werden, um die Kolonne passieren zu lassen. In den Querstraßen sehen Autofahrer dann gelbes Blinklicht, meist nur für einige Minuten, bis die Kolonne vorbeigerauscht ist.

Jede der 2000 Berliner Ampeln hat eine Nummer, 1750 von ihnen können vom Zentralrechner in der Kreuzberger Friesenstraße gesteuert werden. Bei den 250 Ampeln, die keine Verbindung zum Rechner haben, müssen die Kolonnen bei Rot fahren. Motorradpolizisten stoppen in diesen Fällen den Querverkehr. Ganze Straßenzüge auf einmal können (noch) nicht per Knopfdruck „frei“ geschaltet werden.

Schwierig wird es bei Staatsgästen mit Gefährdungsstufe, wie zum Beispiel in den vergangenen Wochen bei US-Außenminister Colin Powell oder dem israelischen Präsidenten Moshe Katzav. Denn bei ihnen wird die Fahrtroute, zum Beispiel vom Flughafen Tegel zum Kanzleramt, erst Minuten zuvor festgelegt. Dazu kontrolliert ein Polizeihubschrauber die möglichen Varianten auf Staus oder potenzielle Störer-Ansammlungen. Hat die Einsatzleitung sich für eine Route entschieden, müssen die Männer vom Verkehrsdienst an ihren 70er-Jahre-Rechnern „nur“ noch die richtigen Ampeln abschalten. Zuvor haben sie für jede Variante einen Abschalt-Plan ausgearbeitet.

An zwei großen Kreuzungen gibt es Sonderprogramme für die Ampeln: Am Großen Stern und am Ernst-Reuter-Platz. An diesen beiden Kreisverkehren werden von der Friesenstraße aus zunächst alle Ampeln der zuführenden Straßen auf Rot gestellt, die aus dem Kreisverkehr herausführenden auf Grün. So ist der Kreisel leer, wenn die Kolonne kommt. „Wir müssen auf alle Fälle vermeiden, dass die Kolonne anhalten muss“, erklärte gestern der stellvertretende Schichtleiter der Regelungszentrale, Helmut Born. Wenn Ampeln ausgeschaltet werden, ist also prominenter Besuch in Berlin. Die Bedeutung des Gastes lässt sich an der Zahl der Polizeimotorräder ablesen: zwischen drei und 15. Die 15er-Eskorte bekommen nur Staatsoberhäupter.

Condoleezza Rice hatte gestern vor allem US-Begleitschutz, zudem einige zivile Limousinen des LKA – aber keine Eskorte. Um 17.38 Uhr verließ sie das Studio von Sabine Christiansen am Breitscheidplatz. Denn die Sendung war aus Sicherheitsgründen vorher aufgezeichnet worden. Später aß sie im Hotel Palace.

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