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Berlin: Störmanöver vor der Länderfusion

Brandenburger CDU zweifelt am Terminplan / SPD kritisiert die skeptischen Äußerungen von CDU-Landeschef Jörg Schönbohm als schädlich für das Projekt

Beate Blechinger hat einfach nur ein paar Selbstverständlichkeiten benannt, wie sie heute sagt. Aber die Selbstverständlichkeiten der Brandenburger CDU-Fraktionschefin, ließen vor drei Wochen Unruhe aufkommen und liegen der Berliner SPD noch heute schwer im Magen. Blechinger hatte bei einer gemeinsamen Sitzung von Parlamentariern beider Länder in Potsdam Grundvoraussetzungen für die angestrebte Fusion von Berlin und Brandenburg benannt. Diese müssten erkennbar erfüllt werden, andernfalls brauche man über die Fusion „erstmal nicht mehr zu sprechen“.

Die Berliner SPD erkennt in den Äußerungen Blechingers indes hauptsächlich eines: Störmanöver. Die Brandenburger CDU stehe nicht mehr fest zur Fusion – und gefährde damit die notwendige Mehrheit bei der für 2006 geplanten Volksabstimmung. Schließlich hatte auch der CDU-Landeschef in Brandenburg, Jörg Schönbohm, bereits in einer losen Reihe von Interviews seiner Fusionsskepsis angesichts der Berliner Haushaltslage Ausdruck verliehen. Und das vor dem Hintergrund sinkender Zustimmungswerte.

Vor der heutigen Sitzung des Koordinierungsrates Berlin-Brandenburg ist deshalb Verstimmung festzustellen. Auch wenn sich die beiden SPD-Regierungschefs, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Ministerpräsident Matthias Platzeck, stets optimistisch zeigen. Doch der Berliner Fraktionschef der SPD, Michael Müller, formuliert die Sorgen. „Wenn die Fusion klappen soll, muss sie ein Projekt sein, für das alle werben“, warnt er. Die nach dem gescheiterten Fusionsanlauf immer noch unübersehbare Skepsis insbesondere bei den Brandenburgern sei eine hohe Hürde auf dem Weg zu einem gemeinsamen Bundesland. „Wir schaffen das nur, wenn alle an einem Strang ziehen“, kritisiert Müller in Richtung CDU, „ohne die CDU würde es viel schwerer werden.“

Müllers Pendant in Brandenburg, SPD- Fraktionschef Gunter Fritsch, formuliert die Bedenken etwas zurückhaltender; immerhin führt er in Potsdam eine große Koalition mit der CDU. „Die CDU zeigt nicht mehr so deutlich ein klares Bekenntnis zur Fusion wie früher“, sagt Fritsch. „Noch“ fühle die SPD sich aber „nicht gebremst“.

In offiziellen Runden, berichten Teilnehmer, betone die Brandenburger CDU stets, das Fusionskonzept mitzutragen. Doch auch dort mehrten sich die Signale, vom Projekt abzurücken. Möglicherweise könne zwar die Fusion auch gegen die Störmanöver zum Erfolg geführt werden, aber sicher ungleich mühevoller. SPD und auch PDS unterstellen der CDU parteitaktische Motive. Das Finanzargument sei nur vorgeschoben. Schließlich könne man als gemeinsames Bundesland wirtschaftlich stärker agieren. Vielmehr vermuten die Sozialdemokraten die Angst bei der Union, „im gemeinsamen Land angesichts der Stärke von SPD und PDS keinen Boden mehr unter die Füße zu kriegen“. Der Berliner PDS-Vorsitzende Stefan Liebich formuliert die Interpretation vorsichtiger: „Ich hoffe nicht“, sagte Liebich, „dass die CDU aus wahltaktischen Überlegungen versucht, die Reserviertheiten gegen die Fusion in Brandenburg in Wählerstimmen umzumünzen.“

Der Generalsekretär der Brandenburger CDU, Thomas Lunacek, betont, die CDU stehe fest zum Fusionsgedanken. Diese sei wirtschaftlich notwendig und in historischen Gemeinsamkeiten begründet. „Das ist das eine“, fügt Lunacek im Gespräch an, „das andere sind die Zeitpunkte.“ Der Fusionsgedanke nehme derzeit an Attraktivität ab, da die Berliner Koalition einen „grottenschlechten Eindruck“ mache. Die Brandenburger bekämen den Eindruck, für die Schulden Berlins aufkommen zu müssen. Deshalb müsse er konstatieren: „Der Termin kommt derzeit ins Wanken.“

Auch Blechinger betont, sie kenne „keine Gesetzesvorlage, in der eine Abstimmung für das Jahr 2006 festgelegt wäre“. Man müsse sehen, ob die von ihr genannten Voraussetzungen zu dem Zeitpunkt dann stimmten. In Berlin sehe es derzeit aber so aus, „als ob sich die Berliner SPD von der Voraussetzung der Haushaltskonsolidierung verabschiedet hätte“. Auf der Grundlage könne man die Brandenburger bestimmt nicht zu einer Zustimmung überreden, „da gebe ich Ihnen Brief und Siegel“.

Allerdings hatten Wowereit und Platzeck erst Ende August gemeinsam erklärt, am Zeitplan für die Länderfusion festzuhalten: Volksabstimmung 2006 und Vollzug 2009. Zudem bereitete der Berliner Senat gestern die heutige Koordinierungsratssitzung vor und verständigte sich noch einmal auf diesen Terminplan als Grundlage der Beratungen.

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