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Berlin: Strafen-Alternative: Arbeit statt Geld

"Die Männer in Weiß sind keine Ärzte", weiß die neunjährige Julia. "Aber so was ähnliches, denn sie machen unsere Schule heil", freut sich die Schülerin der Waldgrundschule an der Waldschulallee 83-93.

"Die Männer in Weiß sind keine Ärzte", weiß die neunjährige Julia. "Aber so was ähnliches, denn sie machen unsere Schule heil", freut sich die Schülerin der Waldgrundschule an der Waldschulallee 83-93. Seit November vergangenen Jahres schwingt eine zehnköpfige Truppe an der Schule den Malerpinsel. Nicht alle kommen aus dem Metier, so wie der Gebäude- und Glasreiniger Jürgen H. Doch eines haben alle gemeinsam: Sie haben sich etwas zu Schulden kommen lassen, sind von einem Berliner Gericht verurteilt worden, und statt der verhängten Geldstrafe verschönern sie jetzt die Klassenzimmer. Auch Mike L. gehört zu den unfreiwillig-freiwilligen Renovierern. "Als Alternative zu meiner jetzigen Arbeit hätten mir 30 Tage Haftanstalt Plötzensee gedroht", erzählt der gelernte Trockenbaumonteur. Beim Schwarzfahren war er drei Mal erwischt worden und hatte auch "das erhöhte Beförderungsentgelt" hinterher nicht bezahlt. "Schließlich drohten mir 1200 Mark Geldstrafe oder 30 Tage Knast."

Möglich machte die unkonventionelle Renovierung der Verein "Straffälligen- und Bewährungshilfe" (SBH). Arbeit statt Strafe lautet die Devise. Teilnehmen können jedoch nur Täter, die zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind, diese aber nicht zahlen können. Vier Wochen wird Mike L. Wände verputzen, Fenster und Türen streichen. Dann hat er seine Strafe abgearbeitet. "Auf die Art und Weise haben alle was davon, insbesondere die Kinder". Mike L. ist froh, so glimpflich davongekommen zu sein.

Die Pinsel zahlt der Bezirk

Noch bis Juli wird die bunt gewürfelte Truppe die 100 Jahre alte Waldschule einer Verjüngungskur unterziehen. Dann ist die Renovierung der rund 3000 Quadratmeter großen Schule mit zwölf Klassenzimmern, inklusive der Flure und Toiletten sowie des Gartens mit einem Waldklassenzimmer abgeschlossen.

Schulleiter Georg-Andreas Wolter ist begeistert von dem Projekt. "Die Zusammenarbeit sowohl mit den Straffälligen als auch mit dem Verein klappt hervorragend", so Wolter. Zudem wäre ohne diese Lösung die Schule noch auf Jahre in dem schlechten Zustand geblieben, weil dem Bezirk dafür das Geld fehlt. Locker machte Bürgermeister und Schulstadtrat Andreas Statzkowski (CDU) allerdings 12 000 Mark für Farben, Pinsel und sonstigen Renovierbedarf. Zudem bekommen die Maler ein Mittagessen sowie die Monatsmarke für die öffentlichen Verkehrsmittel. "Statt Strafen unproduktiv abzusitzen, kann mit solchen Maßnahmen Wertvolles für die Allgemeinheit geschaffen werden und Menschen werden sinnvoll in die Gesellschaft integriert", sagt der Bezirkschef und ist ganz begeistert.

Ebenfalls von Straffälligen war im vergangenen Jahr die Dietrich-Bonhoeffer-Grundschule am Spandauer Damm vom Keller bis zum Dach renoviert worden. Weitere Projekte will Statzkowski in den kommenden Monaten anschieben.

bks

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