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Hausbesitzer

© Rückeis

''Straßenausbaubeitragsgesetz'': Hausbesitzer stürmen Abgeordnetenhaus

Eine sperrige Verwaltungsrichtlinie mit Sprengkraft: Im Abgeordnetenhaus empörten sich Hausbesitzer über ein Gesetz des Senats, das sie an den Kosten für den Straßenausbau beteiligen soll. In fast allen Bundesländern ist das Gang und Gäbe.

Ausnahmezustand im Abgeordnetenhaus. Ausgerechnet zur Anhörung einer so sperrigen Verwaltungsrichtlinie wie des „Straßenausbaubeitragsgesetzes“ stürmten Berliner in Scharen den Preußischen Landtag. Mehr als 400 Betroffene hatten sich angemeldet. In den Plenarsaal durften sie nicht. In zwei Nebenräumen verfolgte ein großer Teil von ihnen auf Videowänden den Streit um die finanzielle Beteiligung von Hauseigentümern am Ausbau von Straßen in Berlin.

Seit März 2006 ist das Gesetz in Kraft, wonach Anlieger zwar nicht für die Instandhaltung, wohl aber für Aus- oder Neubauten von Straßen zahlen: wenn zum Beispiel Fahrradwege, Parkbuchten oder Mittelstreifen angelegt werden. Der rot-rote Senat hatte das Gesetz eingeführt, weil es in fast allen anderen Bundesländern existiert.

„Mir platzt gleich der Kragen“, sagte Maria-Andrea Krause. Wie Dutzende andere betroffene Grundstückseigentümer wurde sie vor dem Sitzungssaal 311 abgewiesen. Wachschützer und Streifenpolizisten kontrollierten die Eingänge mit einer solchen Gründlichkeit, dass am Ende Plätze im Sitzungsraum unbesetzt blieben. Der Ausschussvorsitzende Manuel Heide (CDU) äußerte zum Auftakt der Anhörung seinen „privaten Unmut darüber, dass das Präsidium nicht den Plenarsaal geöffnet hat“.

Während der Anhörung des Bauausschusses kam es dann zur erwarteten Kontroverse zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen und den von ihnen eingeladenen Experten. „Straßenraubbeihilfegesetz“ hatte Mario Czaja, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion, das neue Gesetz im Vorfeld genannt. So habe ein Fuhrbetrieb in Pankow einen Vorbescheid des Bezirks erhalten, in dem für den Ausbau der Pasewalker Straße 123 000 Euro verlangt würden. Anwohnern der Malchower Straße in Heinersdorf seien bis zu 72 000 Euro in Rechnung gestellt worden. In Staaken soll der Ausbau des Weidenweges Anlieger zwischen 12 000 und 18 000 Euro kosten.

Im Ausschuss wurden die Anträge von CDU und FDP verhandelt, das Gesetz zu kippen. Der CDU-Abgeordnete René Stadtkewitz nannte es ein „bürokratisches Monster“, das die Berliner Verwaltung „überfordere“. Dem widersprach der Pankower Bezirksbaustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne): Die Verwaltung sei nicht überfordert sondern „gefordert“. Sechs Monate brauche die Beteiligung von Anliegern an Baukosten. Für den Spandauer Bezirksbaustadtrat Carsten-Michael Röding (CDU), vergrößert das Gesetz den „Frust der Bürger über die Politik“, weil ihnen Mitbestimmung vorgegaukelt werde, die sie nicht hätten.

Der Chef des einflussreichen Verbandes „Haus & Grund“ in Berlin, Dieter Blümmel, nannte das Gesetz „eine politische Dummheit“. Es sei ungerecht und könne durch bessere Regelungen ersetzt werden: durch die Erhöhung der Grundsteuer um vier Prozent. Ungerecht sei das Gesetz deshalb, weil die Grundeigentümer dafür zur Kasse gebeten würden, dass das Land „seit zehn Jahren nicht genug in den Straßenbau investiert“.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) bezeichnete das Gesetz unter dem Gelächter von anwesenden Grundstücksbesitzern als „außerordentlich modern“. Bei der Gebühen-Berechnung würden Größe, Bebaubarkeit, Nutzung und weitere Kriterien einfließen. Für den ehemaligen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht, Hans-Joachim Driehaus, ist das Gesetz daher ein „fein differenziertes Instrument“.

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