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Berlin: Streichkonzert auf der Museumsinsel

Der Bundesrechnungshof fordert Einsparungen von über 130 Millionen Euro bei der Sanierung des Weltkulturerbes in Mitte

Ein Kernstück der sanierten Museumsinsel, das geplante Empfangsgebäude von Stararchitekt David Chipperfield, soll dem Rotstift des Bundes zum Opfer fallen. Dies fordert der Rechnungshof in seinem eben vorgelegten „Ergebnisbericht 2006“. Mehr noch: Neben dem Neubau, der als zentraler Zugang zu den fünf Museen Besucher empfangen und über die Insel leiten soll, könne die Stiftung Preußischer Kulturbesitz außerdem auf das geplante Wegenetz des Areals verzichten. Dieses soll unterirdisch verlaufen und mit weiteren Ausstellungsflächen als „sechstes Museum“ bespielt werden – wenn das Ensemble fertig ist. Dies alles soll aber nach dem Willen der Rechnungsprüfer erst gar nicht gebaut werden.

„Wir wollen keine Kulturpolitik machen, aber hier geht es um die technische Ausstattung der Museumsinsel“, sagte Michael Reinert, Sprecher des Bundesrechnungshofes dem Tagesspiegel. Hier sei aus Sicht der Prüfer zunächst zu klären, „ob derselbe Zweck nicht mit günstigeren Mitteln erfüllt werden kann“. Und davon geht man beim Bundesrechnungshof aus: Mehr als 130 Millionen Euro könne die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit dem Verzicht auf Neubau und unterirdisches Wegenetz sparen. Kürzungen hatten die Prüfer bereits 2004 verlangt.

Nun zeigt die Forderung offenbar Wirkung bei der Bundesregierung, die die Kosten für Sanierung und Umbau dieses Weltkulturerbes finanziert. Die verschließt sich dem Ansinnen des Rechnungshofes offenbar nicht: „Der Beauftragte (für Kultur und Medien; Anm. d. Red.) stimmte dem Bundesrechnungshof grundsätzlich zu“, heißt es in dem Bericht. Das Wort des Beauftragten hat Gewicht: Angesiedelt im Bundeskanzleramt gibt er die Millionen des Bundes frei, die von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für Sanierung und Erneuerung der Museumsinsel ausgegeben werden.

„Eine Veränderung der Baupläne wird es auf keinen Fall geben“, sagt dagegen Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Man habe mit dem Bundesfinanzminister vereinbart, zunächst die historischen Bauten zu sanieren – und erst danach den Neubau als zentralen Zugang für die Museumsinsel sowie die von Süden nach Norden verlaufende Unterquerung der Insel einzurichten. Diese Maßnahmen seien „unverzichtbar“. Das zeige der Blick auf ähnliche Sammlungen in Europa: Vor den Louvre in Paris habe Architekt Ieoh Ming Pei den viel gerühmten Empfangspavillon in Form einer gläsernen Pyramide gesetzt.

Auf die geplanten Ergänzungsbauten könne man auch deshalb nicht verzichten, weil die Kunstareale im 19. Jahrhundert für damalige Anforderungen gebaut wurden. Die gewaltigen Besucherströme des 21. Jahrhunderts könnten sie nicht bewältigen. „Deshalb ist es kleinlich, wenn man nun das Fallbeil ansetzt“, so Lehmann. Der Stiftungspräsident fürchtet, dass ohne Empfangspavillon mit Café, Restaurant, Geschäften und Veranstaltungsräumen und ohne einen zeitgemäßen Zugang zu den Sammlungen das zum Weltkulturerbe gezählte Museums-Ensemble unter der Besucherzahl „kollabiert“. Schon heute, wo nur ein Teil der Museen zugänglich ist, kämen 2,5 Millionen Besucher jährlich. Mit mindestens vier Millionen Menschen sei zu rechnen, wenn die Sanierung abgeschlossen ist und dann fünf Häuser (siehe Grafik) besucht werden können.

Die Pläne für den Neubau und die Lenkung der Besucher über das Gelände sind raffiniert. Sie sollen etwa eiligen Gästen schnelle Rundgänge zu den Höhepunkten der Sammlungen erlauben: im Sauseschritt vom Pergamon-Altar im gleichnamigen Museum zur Nofretete im Alten Museum. Das dazu erforderliche Geld bewilligte der Bundestag bisher aber nicht. Beim Bundesrechnungshof will man dies verhindern. Man werde den Baufortschritt weiterhin kritisch beobachten, heißt es dort. Nun sei aber erst einmal der Bundesbeauftragte am Zuge – mit Vorschlägen für sparsamere Alternativen. Dort war keine Auskunft zu erhalten.

Lehmann zufolge wird die Sanierung der Museumsinsel bis 2020 dauern. Im Februar hatte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) die Kosten mit rund 2,2 Milliarden Euro beziffert. Für rund 153 Millionen Euro wurde das Bode-Museum wiederhergestellt – es öffnet im Oktober. Das Pergamon-Museum soll für 351 Millionen Euro saniert werden. Der Wiederaufbau des Neuen Museums, im Krieg stark beschädigt, wird mit 1,1 Milliarden Euro veranschlagt. Noch nicht auf den Weg gebracht ist die Sanierung des Alten Museums – denn die Finanzplanung des Projektes reicht bisher nur bis 2009.

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