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Berlin: Streik und Unfälle legten die S-Bahn lahm

Polizist starb bei Einsatz wegen Graffiti in Halensee. Weiterer Unfall auf dem Bahnhof Hermannstraße. Fahrpläne außer Kraft

Zusätzlich zum Lokführerstreik haben gleich zwei schwere Unfälle den S-Bahn- Verkehr gestern teilweise lahmgelegt. Am Mittag starb am Bahnhof Halensee ein 26-jähriger Beamter der Bundespolizei, nachdem er von einem Zug der Ringbahn erfasst worden war. Der Polizeimeister war gemeinsam mit einem Kollegen dabei, eine Anzeige wegen Sachbeschädigung durch Graffiti aufzunehmen. Warum er die nahende S 41 nicht bemerkte, ließ sich zunächst nicht klären; der Kollege des Opfers wurde mit schwerem Schock ins Krankenhaus gebracht. Da sich die Schmierereien an einem abgestellten Zug befunden haben sollen, könnte der 26-Jährige zu nahe ans Nachbargleis geraten sein, als er sie fotografierte. Die Nachricht löste bei der Polizei Bestürzung aus. Während in Sachsen vor einiger Zeit eine Bundespolizistin starb, als sie vom Sog eines vorbeifahrenden Zuges mitgerissen wurde, hat es in Berlin in den vergangenen Jahren keinen vergleichbaren Fall gegeben.

Als der Abschnitt des Rings zwischen Bundesplatz und Westkreuz nach zweistündiger Sperrung gegen 14.40 Uhr wieder freigegeben wurde, war an der Hermannstraße gerade das nächste Unglück passiert: Ein Zug hatte einen Mann erfasst und schwer verletzt. Die S-Bahn auf dem Südring stand erneut still. Richtung Südkreuz fuhren die Züge ohne Halt durch den Bahnhof Hermannstraße, Richtung Neukölln rollte stundenlang gar nichts mehr.

Schon am Morgen hatte die S-Bahn ihren Notfahrplan nur mit großen Schwierigkeiten in Gang bringen können. „Wir hatten nicht genug Fahrer“, sagte S-Bahnsprecher Gisbert Gahler; der angepeilte 20-Minuten-Takt sei zwischen 4 und 7 Uhr „nur auf einigen Strecken gelungen“. So sei in Teltow eine ganze Stunde lang kein Zug gefahren, auch Strausberg war zeitweise abgeschnitten. Etwas besser lief es in der Innenstadt, wobei der geplante Zehnminutentakt auf dem Ring diesmal aber ebenfalls nicht gelang. Stattdessen fuhren die Züge etwa alle Viertelstunden. Dass sie, weil nur sechs Wagen lang, obendrein teils überfüllt waren, erklärte Gahler mit der Kürze der Vorbereitungszeit. Zusätzliche Wagen könnten gerade auf dem Ring nicht so schnell bereitgestellt werden.

Ab 2008 nimmt sich die S-Bahn auf ihrer erfolgreichsten Strecke sogar selbst die Chance, bei Bedarf aufzustocken. Dann werden nämlich auf dem gesamten Ring die Bahnsteigaufsichten abgezogen, so dass die Fahrer ihre Züge selbst abfertigen müssen. Weil die Bahnhöfe Frankfurter und Prenzlauer Allee in unübersichtlichen Kurven liegen, müssten laut Gahler dort so viele Kameras und Monitore installiert werden, dass die Fahrer den Überblick verlieren könnten. Aber: Sollten die sechs Wagen auf Dauer nicht reichen, könne man wieder umrüsten – und zwar auf konventionelle Aufsichten auf dem Bahnsteig.

Bei der Regionalbahn war wegen des Streiks etwa jeder dritte Zug ausgefallen. Teils fuhren Ersatzbusse, teils hielten IC-Züge an zusätzlichen Stationen. Weil die Bahn in den ostdeutschen Ländern keine verbeamteten Lokführer hat, fielen hier besonders viele Züge aus. Und die S-Bahn, bei der Teamleiter jetzt zusätzlich zu ihrer Arbeit im Innendienst selbst fahren müssen, wächst der Aufwand mit jedem Streiktag. Ein Trost: Bis Sonntag soll nicht mehr gestreikt werden.

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